Krankenschwestern betreuen auf der Intensivstation einen Patienten.
APA/dpa/Patrick Seeger
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D: Ranghohe Protestanten für Suizidbeihilfe

Mehrere Vertreter der evangelischen Kirche werben für die Möglichkeit eines begleiteten professionellen Suizids in kirchlich-diakonischen Einrichtungen.

Das berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) unter Berufung auf eine Stellungnahme, zu deren Unterzeichnern unter anderem der hannoversche Landesbischof Ralf Meister und der Präsident der Diakonie, Ulrich Lilie, gehörten. Die Landeskirche Hannover bestätigte die Stellungnahme, die die Zeitung am Montag in voller Länge veröffentlicht, am Sonntag.

Dem „FAZ“-Bericht zufolge fordern die Theologen, dass kirchliche Einrichtungen zwar eine bestmögliche medizinische und pflegerische Palliativversorgung sicherstellen sollen, sich dem freiverantwortlichen Wunsch einer Person, ihrem Leben mit ärztlicher Hilfe ein Ende zu setzen, aber nicht verweigern dürften.

Auf„sichere und nicht qualvolle Weise“ Leben nehmen

„Leider gibt es im Umgang mit Suizidenten durch die Kirche eine lange Schuldgeschichte“, zitiert die Zeitung die Stellungnahme. Heute gebiete es dagegen der „aus dem christlichen Glauben entspringende Respekt vor der Selbstbestimmung“, dem Sterbewilligen Beratung, Unterstützung und Begleitung anzubieten.

Kirchliche Einrichtungen müssten daher Orte sein, in denen sich Menschen auf „sichere und nicht qualvolle Weise“ das Leben nehmen könnten.

Eine Krankenschwester hält die Hand einer Patientin auf einer Palliativstation
APA/AFP/Pascal Pochard-Casabianca
Führende protestantische Theologen plädieren dafür, in Deutschland einen assistierten professionellen Suizid zu ermöglichen

Position der Autoren und nicht der EKD

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erklärte auf Anfrage, es handele sich dabei um die Position der Autoren der Stellungnahme und nicht der EKD. Die Evangelische Kirche stehe „auch an der Seite derer, die aufgrund von Erkrankung oder einer anderen Notsituation keinen anderen Ausweg als die Selbsttötung sehen“, lehne aber „jede organisierte Hilfe zum Suizid, die dazu beiträgt, dass die Selbsttötung zur Option neben anderen wird“ ausdrücklich ab, erklärte ein Sprecher.

„Dass Menschen nur noch die Möglichkeit des Suizids sehen, ist immer eine tragische Grenzsituation, die die EKD und ihre Diakonie durch die Bereitstellung palliativer Versorgung, Seelsorge, Beratung und die Arbeit der Hospize zu verhindern versuchen.“

Recht auf Hilfe zur Selbsttötung

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, betonte in einer Reaktion auf das Schreiben der Theologen, es gehe bei der Suizidbeihilfe nicht allein um sterbende Menschen. Auch „lebenssatte, einsame, pflegebedürftige oder psychisch erkrankte Menschen“ hätten ein Recht auf Hilfe zur Selbsttötung.

„Es wird also vom höchsten Interesse sein, wie Tausende Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser in protestantischer Trägerschaft die Suizidbeihilfe organisieren wollen“, sagte Brysch. Für die Beschäftigten sei das eine unerträgliche Zumutung. „Es wird Zeit, dass sich die evangelischen Kirchen in Deutschland in aller Breite dieser Diskussion stellen. Dann wird auch klar, ob die Vorschläge mehrheitsfähig und verantwortungsbewusst sind“, sagte Brysch.

Die Evangelische Kirche erklärte, sie halte den gesellschaftlichen Diskurs über Leid und Tod für notwendig. Dazu könnten auch evangelische Stimmen beitragen, „die von der klaren Position des Rates der EKD abweichen“.