Ökumene

Expertin: Luthers Kirchenbann nicht aufhebbar

Im Jahr 500 nach dem Kirchenbann gegen den Reformator Martin Luther gibt es Forderungen, diesen aufzuheben – auch von katholischer Seite. Rechtlich ist das laut Kirchenrechtlerin Sabine Konrad gar nicht möglich – wohl aber eine Erklärung.

Unter anderen forderte die katholische Theologin Johanna Rahner die Aufhebung des Kirchenbanns über Martin Luther (1483-1546). Es sei nicht mehr zeitgemäß, dass die katholische Kirche den Bannstrahl gegen den deutschen Reformator des 16. Jahrhunderts immer noch aufrechterhalte.

Im Vatikan „scheint man manchmal noch zu sehr in den alten Stereotypen zu denken“, kritisierte die Tübinger Professorin in der aktuellen „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“. Im Vatikan fehle es mitunter an differenzierter theologischer Bildung.

Expertin: Aufhebung nach Tod nicht möglich

Laut Konrad, Leiterin des Instituts für kanonisches Recht an der Universität Graz, ist die Aufhebung eines Kirchenbanns bzw. der Exkommunikation nach dem Tod des betreffenden Menschen nicht mehr möglich. Der Kirchenbann sei eine „Beugestrafe“, die „Heilung“ bewirken sollte, so Konrad gegenüber religion.ORF.at. Intendiert werde damit, „jemanden zur Vernunft zu bringen“. Und, wie sie anfügte, seien das „Strafen auf Zeit“. Mit dem Tod erlösche auch die Strafe.

Eine Statue von Martin Luther in Eisleben (Deutschland)
APA/AFP/Hendrik Schmidt
Martin Luther (hier als Statue in Eisleben in Deutschland) wurde vor 500 Jahren exkommuniziert

Den Bann gegen Luther hatte vor genau 500 Jahren, im Jänner 1521, der damalige Papst Leo X. mit der Bulle „Decret Romanum Ponficem“ verhängt. Luther war nicht bereit gewesen, seine Thesen zu widerrufen. Mit der Exkommunikation sei die Tilgung von Luthers Andenken über den Tod hinaus beabsichtigt gewesen, argumentiert die Theologin Rahner. „Mit einer symbolischen Handlung, die den Bann dem Vergessen anheimgibt, könnte die katholische Kirche zum Beispiel anerkennen, dass auch die theologischen Traditionen der evangelischen Kirche ein legitimes Erbe sind“, regte sie an.

Erklärung sinnvoll

Eine Erklärung in diese Richtung hält auch Konrad für sinnvoll. Es gehe heute darum, dass die katholische und die evangelische Kirche möglichst gemeinsame Perspektiven finden. Als Beispiel nannte sie die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ von 1999, die nun in einer Neuübersetzung vorliegt.

Darin wurde der Konsens über Grundwahrheiten der Rechtfertigung zwischen dem Lutherischen Weltbund (LWB), der römisch-katholischen Kirche und dem Weltrat methodistischer Kirchen unterzeichnet. Später traten auch die Methodisten und die Weltgemeinschaft der reformierten Kirche bei.

Konrad plädierte im Gespräch mit religion.ORF.at dafür, zusammen theologisch sowohl Übereinstimmungen als auch Differenzen zu klären. Schließlich gehe es für die Gläubigen in erster Linie um die Praxis – etwa gemischt-konfessionelle Paare, die sich fragen, ob sie nun gemeinsam Gottesdienste besuchen können oder nicht.

„Gemeinsames Wort“ geplant

Einen formalen Akt der Aufhebung der Exkommunikation hält auch der römisch-katholische Augsburger Bischof, Bertram Meier, für unnötig. „Die Exkommunikation des Reformators wurde bereits mit seinem Tod aufgehoben“, so Meier. „Einen formalen Akt braucht es also nicht mehr“, sagte er kürzlich im Interview mit Vatican News.

Für 2021 ist ein „Gemeinsames Wort“ von Vatikan und Lutherischem Weltbund geplant, wo Fragen aus einem ökumenischen Blickwinkel erschlossen werden sollen. Zudem soll am 25. Juni in Rom ein Versöhnungsgottesdienst stattfinden.