Österreich

Erstmals Seelsorge für Muslime an Hochschule

Die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems (KPH), die Religionslehrende verschiedenster Konfessionen ausbildet, bietet nun islamische Hochschulseelsorge an. Das sei gerade in der Coronavirus-Krise wichtig, sagte der neue Leiter Ramazan Demir, Imam und ehemalige Gefängnisseelsorger, zu religion.ORF.at.

Es sei das erste Mal, „dass die islamische Seelsorge im deutschsprachigen Raum institutionell an einer Hochschule eingeführt wurde“, sagte Demir. „Ich muss zugeben, dass es nicht einmal in den meisten Hochschulen und Universitäten in muslimisch geprägten Ländern Seelsorge gibt.“

Die KPH verfüge bereits über jahrelange Erfahrung in der christlichen Hochschulpastoral, davon „können wir profitieren“, sagte Demir. Es sei auch „einmalig in Europa“, dass so viele unterschiedliche Religionen unter einem Dach Lehrerinnen und Lehrer aus-, fort und weitergebildet werden.

Seelische Bedürfnisse „ernst nehmen“

Gerade in der aktuellen Coronavirus-Krise seien viele Studierende enormem Stress ausgesetzt. Umso wichtiger sei gerade in diesen Zeiten das Angebot islamischer Seelsorge an der Hochschule. „Unser Leben besteht nicht nur aus Studium, Arbeit und anderen Verpflichtungen, sondern wir benötigen auch Nahrung für die Seele“, sagte Demir. Die seelischen Bedürfnisse der Studierenden und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wolle das Team der islamischen Hochschulseelsorge „ernst nehmen“.

Junge Frau sitzt an einem Tisch
APA/Erwin Scheriau
Seelsorge wird angeboten für Studentinnen und Studenten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Das Team besteht aus mehreren Professorinnen und Professoren, die an verschiedenen Standorten der KPH zur Verfügung stehen. Die Mitglieder haben „langjährige seelsorgerische Erfahrungen“ – etwa an Schulen, in Krankenhäusern und Justizanstalten sammeln können, sagte Demir zu religion.ORF.at. Er selbst war mehrere Jahre als Gefängnisseelsorger tätig. Die Angebote der islamischen Hochschulseelsorge sind zwar für Musliminnen und Muslime gedacht, doch wer Beistand brauche – egal ob mit anderer oder ohne Religion, sei willkommen.

Einzelbetreuung, Tee und chillen

„Es werden vor allem Einzelbetreuungen angeboten, bei denen sich die Studierenden alles von der Seele reden können“, erklärte Demir. Dabei gelte es zuzuhören, Vertrauen aufzubauen und die Betroffenen seelisch zu begleiten. Wegen der Pandemie ist die Seelsorge auch online erreichbar. Neben persönlichen Gesprächen soll es in Zukunft auch Settings für allgemeinen Austausch und Reflexionen geben – unter dem Motto „Chai und Chillen“, also Teetrinken und entspannen.

Zudem angeboten werden sollen spirituelle Impulsvorträge, „denn Spiritualität ist ein großer Bestandteil der Islamischen Seelsorge“, so Demir. Gruppenangebote, bei denen man aus dem täglichen Geschehen aussteigen kann, auch wenn es nur „für wenige Momente“ ist, wolle man auch organisieren. Dabei werde auf spirituelle Musik und Poesie gesetzt. Sie würden „in islamischen Traditionen schon seit Jahrhunderten zur Vertiefung der spirituellen Aufmerksamkeit und der Meditation verwendet“.