Todesfall

Jüdische Gemeinde trauert um Arik Brauer

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) trauert um Arik Brauer. Als jüdischer Künstler und Überlebender der Schoah sei Brauer auch ein Mahner gewesen, der gerade jungen Menschen die Vergangenheit eindrucksvoll geschildert habe.

Brauer war Maler, Grafiker, Bühnenbildner, Sänger und Dichter. Er gehörte zu den Hauptvertretern der Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Er wurde am 4. Jänner 1929 in Wien als Erich Brauer in eine russisch-jüdische Handwerkerfamilie geboren. Der Nationalsozialismus beendete seine Kindheit im Wien der 30er Jahre, über die er in seinem auch vom Fernsehen ausgestrahlten Soloprogramm „A Gaude war’s in Ottakring“ berichtet hat. Brauers Vater starb in einem Konzentrationslager, er selbst überlebte in einem Versteck.

Sendungshinweis

Kreuz & Quer bringt am Dienstag, 26.1.2021 um 22.35 Uhr in ORF 2 „Arik Brauer. Eine Jugend in Wien“.

Brauers universelles künstlerisches Werk sei weltweit anerkannt und ausgezeichnet worden, schrieb Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) am Montag in einer Aussendung. „Er war ein Weltbürger der sich in Wien, Paris und Israel zu Hause fühlte.“ Auf seine Herkunft als „Wiener Vorstadtkind“ habe er jedoch stets stolz verwiesen. „Unser Mitgefühl gilt seiner Frau, den Töchtern und Enkelkindern.“

Einsatz für Demokratie und Menschenrechte

Seine Werke, sowohl die Malerei als auch die Musik seien ein Teil der Wiener Kultur. Aber auch sein Einsatz für Israel bleibe in Erinnerung, so die Aussendung. Der Künstler starb am Sonntag im Kreise seiner Angehörigen im Alter von 92 Jahren.

Die Haggada von Arik Brauer
APA/Georg Hochmuth
2014 gestaltete Arik Brauer eine „Haggada“, eine Handlungsanweisung für das jüdische Sedermahl am Vorabend des Pessachfests

„Gassenbub in Ottakring“

„Brauer hatte ein großes Herz und unverkennbaren Sinn für Humor“, so Deutsch. Und sein Engagement für Demokratie und Menschenwürde stünden seinem Schaffenswerk „in Bedeutung und Umfang in nichts nach“.

Die Religion habe in seinem Elternhaus fast keine Rolle gespielt, so der Maler: „Ich bin aber einmal in der Woche in die jüdische Religionsstunde gegangen. Das war eine andere Welt. Dort wurde anders, nämlich hebräisch, gesprochen, und die waren anders angezogen. Sonst war ich ein Gassenbub in Ottakring, wie alle anderen auch“.

Kultur-, religions- und grenzüberschreitend

1995 entwarf er eine neue Außenfassade für die katholische Pfarrkirche „Am Tabor“ in Wien-Leopoldstadt. Der Künstler stellte darin das „Letzte Abendmahl“ mit Symbolen des Pessachfestes dar. 2014 gestaltete Brauer eine Haggada, eine Handlungsanweisung für den Sederabend am Vorabend des jüdischen Pessachfests.

Johanna Schwanberg, die Direktorin des Dom Museums Wien würdigte Brauer als Persönlichkeit des öffentlichen Lebens mit einer „Position der Offenheit und des Dialogs, die dabei immer mit seiner klar demokratischen, antifaschistischen Haltung einherging“. Diese kultur-, religions- und letztlich grenzüberschreitende Haltung „werden wir genauso vermissen wie seine stets positive, versöhnliche Grundhaltung dem Leben gegenüber“, so Schwanberg in einer Stellungnahme.

Werke begleiten Generationen

Brauers Werke fanden auch Einzug ins Alltagsleben der jüdischen Gemeinde. Seine Werke begleiteten Generationen jüdischer Schulkinder in der Castellezgasse und die Besucher des IKG-Gemeindezentrums in der Seitenstettengasse. Zahllose religiöse, öffentliche und persönliche Feiern wurden und werden von Brauers Werk begleitet. „Arik Brauer lebt durch seine Kunst im Herzen der Kultusgemeinde für immer weiter“, so Oskar Deutsch.