Emirate

Religiöse Toleranz in VAE gestiegen

Zwei Jahre nach dem Besuch des Papstes in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat sich nach Angaben eines katholischen Bischofs das Zusammenleben verbessert. Die Emirate würden Wert auf ihre Politik der Toleranz legen.

Der Besuch von Papst Franziskus im Februar 2019 in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) trägt laut Bischof Paul Hinder Früchte. Die Regierung achte auf eine Politik der religiösen Toleranz und auf das friedliche Zusammenleben von Angehörigen von mehr als 200 Nationalitäten im Land.

Und das wirke sich auch in der Praxis positiv auf die römisch-katholische Kirche aus, wie Hinder in der aktuellen Ausgabe des Ökumene-Dienst (ÖKI) der deutschen katholischen Nachrichten-Agentur KNA berichtete.

Die Scheich Zayed – Große Moschee von Abu Dhabi
APA/AFP/Giuseppe Cacace
Die Große Moschee von Abu Dhabi

Minderheitenfreundliches Klima

Die Zahl der Einwohner der Emirate wird auf bis zu 9,5 Millionen geschätzt. Davon sind rund 7,3 Millionen Muslime (die überwiegende Mehrheit Sunniten), bis zu 1,2 Millionen (12,5 Prozent) Christen. Dazu kommen Hindus (6,6 Prozent) und Buddhisten (2,3 Prozent). Auch einige tausend Juden sollen in den Emiraten leben. Wie auch in anderen Golfstaaten sind nur knapp 15 Prozent der Bewohner der Emirate Einheimische.

Gut 800.000 Christen gehören der katholischen Kirche an. Daneben gibt es aber auch viele protestantische, griechisch-orthodoxe oder auch armenisch-orthodoxe Gläubige. Es gibt zahlreiche Kirchen im ganzen Land – die erste Kirche wurde 1965 gebaut. Die Kirchen betreiben auch Schulen. Christlicher Religionsunterricht ist in den Schulen aber nicht erlaubt.

Religionsausübung im abgesteckten Raum

Innerhalb der Kirchenareale können die Christen ungehindert ihre Religion ausüben. Außerhalb braucht es allerdings spezielle Genehmigungen. Christliche Symbole wie Kreuze sind in der Öffentlichkeit tabu. Muslime dürfen nicht missioniert werden, es werden aber immer wieder frühere Hindus oder auch bisher nicht getaufte Westler in die Kirche aufgenommen.

Hinder ist Apostolischer Vikar für Südarabien mit Sitz in Abu Dhabi. Er ist zuständig für die katholische Kirche in den VAE, im Oman und Jemen. Zusätzlich leitet er seit dem Tod von Bischof Camillo Ballin im April 2020 interimistisch auch das Vikariat für das Nördliche Arabien mit Bahrain, Katar und Saudi-Arabien.

Dokument zur Brüderlichkeit

Vor ziemlich genau zwei Jahren, am 4. Februar 2019, unterzeichnete Papst Franziskus in Abu Dhabi gemeinsam mit dem Großimam der Kairoer Al-Azhar-Moschee, Ahmad al-Tajjib, das Dokument über „Menschliche Brüderlichkeit“. In diesem sprechen sich beide u.a. für Religionsfreiheit, Geschwisterlichkeit, Pluralität und ein friedliches Miteinander aller Menschen aus. Zugleich werden jegliche Gewalt und Extremismus im Namen Gottes aber auch ein religionsfeindlicher Säkularismus verurteilt.

Bischof Hinder unterstrich nun die positiven Impulse des interreligiösen Dokuments und wies u.a. auf das angenehmere öffentliche Klima in den Emiraten in Bezug auf die Kirchen hin. Auch die rechtliche Absicherung der kirchlichen Arbeit habe sich speziell in Abu Dhabi verbessert.

papst Franziskus und Großimam al-Tajjib 2019 beim Unterzeichnen einer Erklärung zur Brüderlichkeit
APA/AFP/Vincenzo Pinto
Vor zwei Jahren unterzeichneten Papst Franziskus und Großimam al-Tajjib, das Dokument über „Menschliche Brüderlichkeit“

Das Projekt der Brüderlichkeit aller Menschen sei in den Emiraten in den schulischen und universitären Unterricht eingebracht worden und parallel dazu auch in die eigenen Schulen der katholischen Kirche. Vermehrt wurden von der Regierung interreligiöse Gespräche organisiert, coronavirusbedingt im vergangenen Jahr nur virtuell. Eine große staatliche Impfaktion auf dem Kirchengelände in Abu Dhabi zeige, so der Bischof, den entspannten Umgang der Regierung mit seiner Kirche.

Die regionalen Medien zeigten ebenfalls verstärkt Interesse an der kirchlichen Arbeit. Deshalb versorge er sie bei Bedarf mit Informationsmaterial und gebe im Bischofshaus Interviews, so Hinder weiter. Zum „Internationalen Tag der menschlichen Brüderlichkeit“ (4. Februar) hätten ihn zuletzt regionale Radiostationen um Statements gebeten.

„Haus der Abrahamitischen Familie“

Ein aufwändiges Prestigeprojekt der Regierung im Nachgang zum Dokument von Abu Dhabi 2019 werde die kirchliche Arbeit aber kaum beeinflussen, so der Bischof weiter. Das „Haus der Abrahamitischen Familie“ (Abrahamic Family House), gegenwärtig noch in Planung, umfasst ein großzügiges Gebäudeensemble mit Moschee, Kirche und Synagoge und soll Ausdruck für das friedliche Zusammenleben besonders in dieser drei Religionen sein.

Deren Vertreter seien bei Projektbesprechungen zugegen und könnten eigene Vorstellungen einbringen, so Hinder: „Die Kirche wird letztlich wohl mehr der christlichen Selbstdarstellung für Besucher dienen als einem wirklich pastoralen Bedürfnis entsprechen.“

Bleibende Schäden durch Pandemie

Eine andere Entwicklung bereitet dem Bischof hingegen ernste Sorgen: Seit dem vergangenen März wurde das gesamte religiöse Leben, auch das kirchliche, durch die Coronavirus-Pandemie massiv eingeschränkt. Die bisherigen Einschnitte und Veränderungen im Wirtschaftsleben und in der Arbeitsorganisation seien tiefgreifend und würden für viele katholische Gastarbeiter ernste soziale Probleme mit sich bringen.

Diese würde sich in der Zeit nach der Pandemie fortsetzen, fürchtete der Bischof. Es werde viel Kraft kosten, die kirchliche Arbeit an die bleibenden, erschwerten Lebens- und Arbeitsverhältnisse der katholischen Gläubigen in den Emiraten anzupassen.