Papst-Reise

Heikle Mission: Papst besucht Irak

Papst Franziskus bricht am Freitag zu einer viertägigen Visite in den Irak auf. Es ist der erste Besuch eines römischen Kirchenoberhaupts in dem von Kriegen sowie religiösen und ethnischen Rivalitäten zerrütteten Staat. Die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch.

Der Vatikan stellt sich auf eine besondere Gefährdung von Papst Franziskus bei seinem bevorstehenden Irakbesuch ein. Auf Papstreisen stehe immer ein gepanzertes Fahrzeug zur Verfügung; dieses Mal sei es „wahrscheinlicher, dass er es benutzt“, sagte Pressesprecher Matteo Bruni bei einem Briefing am Dienstag im Vatikan.

Papst Franziskus selbst hält an seiner Reise in den Irak trotz der angespannten Sicherheitslage in dem Land fest. Bei seiner regelmäßigen Generalaudienz am Mittwoch im Vatikan sagte er, er habe sich lange gewünscht, die Menschen in dem Land kennen zu lernen, die so viel gelitten hätten. Er wolle sie nicht enttäuschen.

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Praxis – Religion und Gesellschaft über den Papst-Besuch im Irak zum Nachhören.

Auf einer Luftwaffenbasis im Westen des Iraks waren Mittwoch Früh Raketen eingeschlagen. Der Stützpunkt Ain al-Assad werde von internationalen Truppen in dem Land genutzt, hieß es. Insgesamt herrscht eine prekäre Sicherheitslage. Zudem ist der Sieben-Tages-Wert der Coronavirus-Infektionen seit Anfang Februar um das Viereinhalbfache gestiegen.

„Hoffnung in schwierigsten Situationen“

Hinsichtlich der Pandemiegefahr verwies Vatikansprecher Bruni auf die junge Altersstruktur der irakischen Bevölkerung. Weiter betonte er, mit Ausnahme der Schlussmesse werde es keine Veranstaltung mit mehr als wenigen Hundert Personen geben; durch entsprechende Abstände werde das Ansteckungsrisiko minimiert.

Ein Soldat vor einer Betonwand zur Sicherung der „Unsere Frau vom Licht“-Kirche in Bagdad, Irak
APA/AP/Hadi Mizban
Die Sicherheitsvorkehrungen im Irak sind hoch. In Bagdad wurde eine Betonwand um die Kirche „Unserer Lieben Frau der Erlösung“ errichtet, damit die Vorbereitungen auf den Papst-Besuch ungestört verlaufen

Transfers fänden nur im geschlossenen Wagen statt, sodass es kaum möglich sei, den Papst auf der Straße zu sehen. Das ganze Land könne die Reise über Medien verfolgen und „wissen, dass der Papst für sie da ist und die Botschaft bringt, dass Hoffnung auch in schwierigsten Situationen möglich ist“, sagte Bruni.

Reise „Akt der Liebe“

Man habe alle Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, sagte der Sprecher. Die Reise sei am besten als „ein Akt der Liebe“ zu deuten, die auch extreme Formen annehmen könne. „Dies bedeutet nicht, die Konsequenzen des Handelns aus dem Blick zu verlieren“, sagte Bruni.

Die Möglichkeit einer Verschiebung wies der Sprecher unter Verweis auf den Organisationsvorlauf zurück. Gegen ein rein digitales Format der Veranstaltungen mit dem Papst spreche, dass der Irak über keine zureichende Internetstruktur verfüge, insbesondere bei den Vertriebenen.

Andere Sicherheitsanforderungen

Die Sicherheitsanforderungen seien anders als bei früheren Papstreisen, sagte Bruni. Die betreffenden Vorkehrungen lägen in den Händen des Gastgeberlandes. Zu einem möglicherweise erhöhten Aufgebot von Personenschützern für Franziskus wollte der Sprecher sich nicht äußern. Die Zahl der päpstlichen Gendarmen und Schweizergardisten sei variabel und hänge von den Erfordernissen ab.

Im Mittelpunkt der Reise stehen der Aufruf zu nationaler Einheit und die Stärkung der schwindenden christlichen Minderheit. Der Besuch findet unter einer schwierigen Sicherheits- und Pandemielage statt. Mit Ausnahme der autonomen Region Kurdistan gilt im ganzen Land wegen steigender Coronavirus-Infektionszahlen eine strenge Ausgangssperre.

Treffen mit Politikern und Gläubigen

Bei seiner Ankunft in Bagdad am Freitagmittag wird Franziskus von Staatspräsident Barham Salih empfangen. Neben einer Unterredung mit Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi steht eine Ansprache des Katholikenoberhaupts vor der politischen und zivilgesellschaftlichen Elite des Landes auf dem Programm.

Auch an die eigenen katholischen Gläubigen wendet sich der Papst am Ankunftstag, und zwar mit einer Rede an Kleriker, Ordensleute und Katecheten bei einem Treffen in der syrisch-katholischen Kathedrale in Bagdad. Das Gotteshaus war 2010 Schauplatz eines blutigen Terroranschlags, bei dem 48 Christen ermordet wurden. An dem Treffen in der Kathedrale Unserer Lieben Frau der Erlösung wird auch der Patriarch der syrisch-katholischen Kirche von Antiochien, Ignatius Youssef III. Younan, teilnehmen.

Begegnung mit Großajatollah al-Sistani

Besondere Aufmerksamkeit richtet sich auf ein Treffen des Papstes am Samstag mit Großajatollah Ali al-Sistani in der Stadt Nadschaf. Der 90-jährige schiitische Gelehrte verkörpert die moralische Autorität des Irak. In Konflikten wirkte er auf Mäßigung und Deeskalation hin; bei den Protesten gegen Misswirtschaft und Korruption im Herbst 2019, die schließlich zum Sturz der Regierung führten, stellte er sich hinter die Demonstranten.

Ein großes Plakat mit Papst Franziskus und Großayatollah  Ali Sistani in Bagdad
APA/AFP/Sabah Arar
Plakate weisen im Vorfeld auf das Zusammentreffen von Papst Franziskus und Großayatollah al-Sistani hin

Gegen populistische schiitische Kräfte im Land wie den Milizenführer Muktada al-Sadr fungiert er als eine Art Wellenbrecher. Zum chaldäisch-katholischen Patriarchen Louis Raphael I. Sako wird al-Sistani ein gutes Verhältnis nachgesagt. Obwohl al-Sistani kein dem Papst vergleichbares Amt besitzt, schlägt das Treffen eine wichtige Brücke zwischen der katholischen Kirche und dem schiitischen Islam, der weltweit immerhin um die 200 Millionen Gläubige zählt.

In der Heimat Abrahams

Weiterer Höhepunkt der Papstreise ist ebenfalls am Samstag ein interreligiöses Treffen in Ur, heute Tall al-Mukajjar. Die antike Stadt im heutigen Südirak gilt als Heimat Abrahams, den Juden, Muslime und Christen als gemeinsamen Stammvater verehren.

Bei den Ruinen des Stufentempels von Ur, den schon der biblische Erzvater vor 4.000 Jahren gesehen haben mochte, sollen sich Vertreter des Islam und der Kirchen, aber auch von Juden, Jesiden oder Mandäern zum Gebet versammeln – mehr dazu in Papst besucht im Irak Ur. Alle beziehen sie sich auf irgendeine Weise auf Abraham; alle sind sie in eine lange Geschichte von Rivalität und Gewalt verstrickt.

Samstagmittag (Ortszeit) kehrt Franziskus nach Bagdad zurück. Dort steht am Abend eine Messe im chaldäischen Ritus mit Patriarch Sako in der Josefs-Kathedrale auf dem Programm. Es wird das erste Mal sein, dass ein Papst in diesem ostkirchlichen Ritus die Liturgie feiert.

Visite in Mossul, Karakosch und Erbil

Der dritte Programmtag der Papstreise nimmt am Sonntag den Terror des „Islamischen Staats“ und das Leiden der Christen im Nordirak in den Blick. Franziskus reist in die mehrheitlich von Sunniten bewohnte Metropole Mossul und die christliche Stadt Karakosch. Von dort flohen 2014 Zehntausende vor den Terrormilizen; etwa die Hälfte der Familien kehrte zurück.

Der Besuchsplan sieht in Karakosch eine Ansprache des Papstes in der syrisch-katholischen al-Tahira-Kirche vor – sie wurde von den Islamisten verwüstet. Zuvor findet in Mossul ein „Gebet für die Opfer des Krieges“ statt. Die offene Formulierung lässt erwarten, dass man bewusst auf eine konfessionelle Unterscheidung verzichten will. Unter der Vertreibung und den Gräueln des „Islamischen Staats“ litten etwa die Jesiden noch stärker als die Christen.

Zum Abschluss am Sonntag will Franziskus eine Messe in der Hauptstadt der Kurdenregion Erbil feiern. Wegen der in der Kurdenregion geltenden Corona-Ausnahmeregelungen sind zu dem Gottesdienst 10.000 Teilnehmer unter zahlreichen Schutzvorkehrungen zugelassen.

Den Rückflug nach Rom beginnt der Papst mit seiner Reisedelegation erst Montagfrüh. Die Ankunft des Papstflugzeugs auf dem Flughafen Rom-Fiumicino wird am 8. März zur Mittagszeit erwartet.