Katholiken

D: Missbrauch jahrzehntelang vertuscht

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, räumt einen „jahrzehntelangen institutionell vertuschten Missbrauch“ von Kindern in der römisch-katholischen Kirche ein.

Das sei eine „echte Katastrophe“ und Menschen seien dadurch ihr Leben lang gezeichnet, sagte der Bischof von Limburg am Sonntag laut Kathpress im Fernsehgottesdienst des Senders ZDF in Frankfurt. Sexueller Missbrauch in der Kirche habe massenhaft Vertrauen zerstört und vielen die gute Ressource des Glaubens versperrt.

„Jetzt ist die Zeit für Ehrlichkeit und Entschiedenheit im Umgang mit dieser dunklen, bis heute wirksamen Vergangenheit“, sagte er laut dem im Voraus veröffentlichten Redemanuskript. Er sei sich bewusst, dass jetzt „getan oder auch vertan“ werde, was dringend nötig sei, so Bätzing.

Der Limburger Bischof Georg Bätzing
APAAFP/Torsten Silz
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, räumt einen „jahrzehntelangen institutionell vertuschten Missbrauch“ von Kindern in der römisch-katholischen Kirche ein

„Übergang in nächste Epoche nicht versäumen“

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat die Kirche davor gewarnt, „den Übergang in die nächste Epoche des Christentums“ zu verpassen. Marx sagte am Wochenende in München mit Blick auf die aktuelle Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland, den Synodalen Weg: Man müsse anschauen, "wie wir heute das Evangelium zu verkünden haben und in welchen Formen wir das tun.

Auch in welchen Strukturen und in welchen Ämtern wir das tun." Sonst drohe der Anschlussverlust. Marx äußerte sich bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken, des obersten Laiengremiums der Erzdiözese.

„Ohne Anfang kein gutes Ende“

Der Erzbischof von München und Freising ergänzte, der Synodale Weg markiere „nicht das Ende des Reformprojektes Kirche, aber ohne diesen Anfang wird es kein gutes Weiter geben“. Die Bischöfe und der Papst seien „nicht die einzigen, die das Wort Gottes empfangen, sondern das ganze Volk Gottes muss aufeinander hören“. Die Kirche habe nur dann eine Zukunft in der Gesellschaft, „wenn wir uns engagieren für die anderen“.

Zum Thema Ökumene sagte Marx, es gehe nicht darum, das katholische Profil einzuebnen, sondern darum, „die Zukunft des Christentums in diesem Land gemeinsam zu gestalten“. Der Blick müsse über die Bedenken um das eigene Profil hinausgehen mit dem Ziel, „den Glauben an Christus in den kommenden Generationen lebendig zu halten“.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx
Reuters/Michele Tantussi
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx ist für eine Analyse der Verkündung des Evangeliums

Zum Thema Missbrauch sagte der Erzbischof, es gebe Bereiche der Aufarbeitung und Prävention, in denen man noch besser werden müsse. „Die Aufarbeitung geht weiter und die Aufarbeitung geht tiefer.“ Die Erzdiözese halte sich an alle mit dem unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung abgesprochenen Vereinbarungen.

Missbrauchsgutachten wohl im Sommer

Das neue Gutachten zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Erzdiözese München und Freising soll nach Angaben von Kardinal Reinhard Marx voraussichtlich in diesem Sommer veröffentlicht werden. „Ich glaube, wenn wir unseren Bericht im Sommer erleben werden, dann wird es sicher auch manche Punkte geben, wo wir noch besser werden können, wo manches noch nicht so ist, wie wir es vielleicht uns vorstellen“, sagte Marx am Samstag bei der Frühjahrsvollversammlung des Diözesanrats der Katholiken in der Erzdiözese.

Die Erzdiözese München hat das Gutachten bei der Kanzlei Westphal Spilker Wastl (WSW) in Auftrag gegeben – ebenso wie die Erzdiözese Köln, die eine Veröffentlichung dieses Berichts aber verhinderte und dafür schwer in die Kritik geriet.

Veröffentlichung von Kölner Gutachten

Das neue Münchner Gutachten soll die Jahre 1945 bis 2019 untersuchen und auch veröffentlicht werden – anders als das Kölner Gutachten und anders als beim letzten Mal in München. Der sogenannte „Westphal-Bericht“ von derselben Kanzlei von 2010 ist nach wie vor unter Verschluss.

Zuletzt laut gewordene Vorwürfe, die Kirche habe in zehn Jahren im Bereich der Aufarbeitung und Prävention nichts dazu gelernt, wies Marx bei der Online-Versammlung für sein Bistum zurück. Dies sei nicht wahr, betonte er.

Den Reformprozess der Katholischen Kirche sieht der ehemalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in Deutschland auf einem guten Weg. „Wir werden hoffentlich auch aus der Coronavirus-Zeit neue Ideen mitnehmen – für die Zukunft der Kirche und die Zukunft unseres Gemeinwesens“, sagte Marx vor den rund 140 Teilnehmern des obersten Laiengremiums der Erzdiözese.

Die katholische Kirche müsse ihre Hausaufgaben machen und sich neu aufstellen. „Wir werden als Kirche nur dann unsere Zukunft finden, auch in dieser Gesellschaft, wenn wir uns engagieren für die Anderen“, betonte er.

Bischof fordert Auseinandersetzung mit Gehorsam

Der katholische Augsburger Bischof Meier kritisiert die Rolle des kirchlichen Gehorsams bei der Aufarbeitung von Skandalen. „Es kann nicht sein, dass in Klöstern, in katholisch geführten Schulen und sozialen Einrichtungen oder in Pfarrgemeinden auch im Zeichen des Gehorsams vieles an Lebenshäusern zusammengebrochen ist“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“ (Montag-Ausgabe).

In seiner Kirche gebe es Schuld und Sünde. „Wir müssen schon versuchen, auch manchen Schutt wegzuräumen, um Ballast, der sich angehäuft hat, loszuwerden – mit dem Ziel, auch wieder klarer Zeugnis für das Evangelium geben zu können“, sagte der Bischof.

Würdiging für synodalen Weg

Auch der Vorsitzende des Diözesanrats, Hans Tremmel, würdigte den Synodalen Weg. Dabei habe er zur Zukunft der Kirche „echtes, glaubwürdiges Ringen um den richtigen Weg bei sehr unterschiedlichen Menschen erlebt“.

Auch wenn dort eine „laute Minderheit“ versuche, „den Takt und die Melodie zu torpedieren“, wisse die überwiegende Mehrheit um „die Notwendigkeit, jetzt positive Richtungsänderungen vorzunehmen und die Kirche um der Menschen willen endlich in die Moderne zu führen“. Tremmel appellierte: „Austreten ist keine Option! Überlassen wir nicht den Zurückbleibenden beziehungsweise den Zurückgebliebenen die Kirche Jesu Christi.“