Vatikan-Dekret

Katholische Frauen kritisieren „veraltete“ Sexualethik

Die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) übt Kritik am Vatikanschreiben zu Segnungen homosexueller Paare. „Was wir brauchen, ist eine neue Sexualethik“, stellte kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl dazu in einer Aussendung am Mittwoch fest.

Am Montag hatte die vatikanische Glaubenskongregation eine Klarstellung veröffentlicht, wonach die Kirche nicht befugt sei, gleichgeschlechtliche Verbindungen zu segnen. Ein Segen sei ein Zeichen der Unterstützung, in dem die Liebe Gottes sichtbar zugesagt werde: „Von dieser Zusage kann niemand ausgeschlossen sein“, so Ritter-Grepl.

Die kfbö-Vorsitzende ortete als Grund der ablehnenden Haltung der Glaubenskongregation eine veraltete Sexualethik. Diese orientiere sich nicht an der verantwortlichen Liebe und der von Gott gegebenen Vielfalt des Menschseins, sondern reduziere Sexualität auf einen Akt zwischen Frau und Mann in der Ehe.

„Kirche besteht auf Behauptungen“

Ritter-Grepl wandte sich auch gegen eine Pauschalverurteilung homosexueller Bindungen: „Viele homosexuelle Partnerschaften sind Familien-Orte, die Kindern ein liebevolles Zuhause bieten, sind Partnerschaften, in denen Respekt voreinander geübt und verantwortete Sexualität gelebt wird.“

Angelika Ritter-Grepl, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreich (kfbö)
Vanessa Weingartner/Diözese Innsbruck
Die Vorsitzende der katholischen Frauenbewegung, Angelika Ritter-Grepl, rät der Kirche zu einer neuen Sexualethik

Eine ähnliche Haltung der Glaubenskongregation gibt es laut der kfbö-Vorsitzenden auch in der Frage der Weihe von Frauen zu Priesterinnen. „Die Kirche besteht auf der Behauptung, sie habe kein Recht, Frauen zu Priesterinnen zu weihen oder gleichgeschlechtliche Paare zu segnen.“

Diese rechtliche Selbstbeschränkung der Institution Kirche übersehe ihre Verpflichtung, „mit den Menschen auf dem Weg zu sein und sich nicht gegen sie zu stellen“, konstatierte die Tirolerin. Der Auftrag der Kirche bestehe darin, die Liebe Gottes in der Welt sichtbar zu machen und heilbringend für die Menschen zu wirken.

Katholische Aktion: Lehre muss „verheutigt“ werden

Auch die Präsidentin der Katholischen Aktion Oberösterreich, Maria Hasibeder, schrieb in einer Aussendung am Mittwoch, die katholische Lehre müsse „verheutigt“ werden. „Als Katholische Aktion machen wir uns dafür stark, dass Ausgrenzungen überwunden und Menschen in ihrer jeweiligen Lebenssituation ernstgenommen werden.“

Maria Hasibeder, Präsidentin der Katholischen Aktion Oberösterreich
Hermann Wakolbinger
Maria Hasibeder, Präsidentin der Katholischen Aktion Oberösterreich, sieht in dem vatikanischen Dekret eine „polarisierende“ Wortmeldung

Mit der Absage an eine Segnung gleichgeschlechtliche Partnerschaften habe sich die vatikanische Glaubenskongregation in der innerkirchlichen Debatte „sehr polarisierend“ zu Wort gemeldet, „anstatt humanwissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen und pastorale Notwendigkeiten zu würdigen“.

Dass sich die Pfarrer-Initiative für die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren einsetzt, „trage ich vollinhaltlich mit“, so Hasibeder.

Breite Kritik an Vatikan-Dekret

Kritik am Dekret der vatikanischen Glaubenskongregation äußerten u.a. bereits die Katholische Jugend Österreich, „Wir sind Kirche“ und die Pfarrer-Initiative. Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler – er ist in der Bischofskonferenz für Ehe und Familie zuständig – hielt fest, das Segnungsverbot für gleichgeschlechtliche Verbindungen sei „eine Enttäuschung für alle, die sich ein deutlicheres Zeichen der Akzeptanz von homosexuellen Paaren erhofft haben“, aber „keine Absage an einen respektvollen kirchlichen Umgang mit homosexuell lebenden Menschen“.