Migration

Klimavertriebene: Vatikan stellt Pastoralhilfe vor

Der Vatikan hat einen pastoralen Leitfaden für den Umgang mit Klimavertriebenen vorgestellt. Mit dem ersten Dokument dieser Art wolle man auf ein neues, weltweit zunehmendes Phänomen reagieren, sagte Kardinal Michael Czerny am Dienstag in Rom.

„Alle, die wegen der Klimakrise zur Flucht gezwungen sind, benötigen unsere Hilfe“, so der Migrationsexperte des Vatikans. „Das kann nicht warten.“ Die katholische Kirche müsse ebenso wie die gesamte internationale Gemeinschaft dringend handeln.

Das gut 25 Seiten umfassende Schreiben des vatikanischen Dikasteriums für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen enthält unter anderem Zahlen, Daten und Fakten über den Zusammenhang zwischen Klimawandel, Armut und Migration. Mit allgemeinen Handlungsempfehlungen wendet es sich an kirchliche Akteure. „Diese Seiten zeigen uns, was nötig ist und was – mit Gottes Hilfe – zu tun ist“, heißt es in einem Vorwort von Papst Franziskus.

„Sehen oder nicht sehen“

In Anlehnung an das weltbekannte Zitat aus der Tragödie Hamlet von William Shakespeare schreibt der Papst: „Sehen oder nicht sehen, das ist hier die Frage!“ Wenn Menschen ihren Lebensraum verlassen müssten, weil dieser unbewohnbar geworden sei, sehe dies wie ein natürlicher, unaufhaltsamer Prozess aus. Allerdings hätten negative klimatische Veränderungen oft mit „falschen Entscheidungen und zerstörerischen Aktivitäten“ zu tun.

Ein veralgtes Küstengebiet in China
APA/AFP
„Falsche Entscheidungen und zerstörerische Aktivitäten“ führen laut Papst auch zu klimatischen Veränderungen

Anders als bei der Coronavirus-Pandemie handele es sich um eine schleichende Entwicklung, die mit der Industriellen Revolution begonnen habe. „Das größte Leid erfahren jene, die am wenigsten dazu beigetragen haben“, betont der Papst. Klimavertriebene müssten beschützt, unterstützt und integriert werden.

Mehr betroffen als durch Kriege

Der neue Leitfaden zitiert auch verschiedene Studien zu Klima und Migration. Demnach haben von 2008 bis 2018 schätzungsweise mehr als 250 Millionen Menschen ihre Heimat durch Naturkatastrophen verloren. Das seien im Vergleich zu bewaffneten Konflikten drei- bis zehnmal so viele – je nach Region. Naturkatastrophen könnten plötzlich auftreten, wie Fluten, Stürme, Brände oder ähnliche Ereignisse.

Aber auch langsame Prozesse wie eine fortschreitende Wüstenbildung oder steigende Meeresspiegel führten zum Verlust von Lebensraum. Die Verknüpfung mit der Klimakrise sei „real“, wenn auch nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, so das vatikanische Dokument.

Für „ganzheitlichen ökologischen Wandel“

Die Kirche wird in dem Schreiben aufgefordert, sich für einen „ganzheitlichen ökologischen Wandel“ einzusetzen, der Mensch und Natur gleichermaßen respektiere. Dies könne etwa mithilfe von Informationskampagnen und Bildungsinitiativen geschehen. Für Klimavertriebene sollten möglichst frühzeitig Hilfsprogramme auf den Weg gebracht werden.

So sei es möglich, die schlimmste Not abzuwenden. Überdies wird für einen „fruchtbaren Dialog“ mit Regierungen und Entscheidungsträgern geworben, um politisch Einfluss nehmen zu können. Das neue vatikanische Dokument liegt zunächst in den fünf Sprachen Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch und Portugiesisch vor.