Deutschland

Präventionsbeauftragte: Katholische Sexualmoral prüfen

Die katholische Sexualmoral gehört nach Ansicht der Präventionsbeauftragten der deutschen Diözesen auf den Prüfstand. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Positionspapier hervor.

In dem „Positionspapier zur Gestaltung der Schnittstelle von Prävention sexualisierter Gewalt und sexueller Bildung“ attestieren die Experten einen immer noch nachwirkenden Mangel an sexualpädagogischer Arbeit in kirchlichen Einrichtungen. Fachleute bewerteten dies als Risikofaktor für die Entstehung sexualisierter Gewalt, hieß es. Ursächlich für den Mangel an sexualpädagogischer Arbeit wiederum sei ein Konzept von Sexualität, das „einseitig von der Gefahrenseite her“ formuliert werde.

Die Autoren zitieren dazu eine Einschätzung des Münchner Erzbischofs Kardinal Reinhard Marx aus der Abschluss-Pressekonferenz der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz 2019 in Lingen, wonach die Sexualmoral der Kirche entscheidende Erkenntnisse aus Theologie und Humanwissenschaften noch nicht aufgenommen habe.

Sexualpädagogik zentral

„Die personale Bedeutung der Sexualität findet keine hinreichende Beachtung“, so der damalige Vorsitzende der Bischofskonferenz. „Das Resultat: Die Moralverkündigung gibt der überwiegenden Mehrheit der Getauften keine Orientierung. Sie fristet ein Nischendasein. Wir spüren, wie oft wir nicht sprachfähig sind in den Fragen an das heutige Sexualverhalten.“

Ausgangspunkt des Positionspapiers ist die Rahmenordnung zur Prävention sexualisierter Gewalt, die die deutschen Bischöfe 2019 verabschiedeten. Die Rahmenordnung sieht vor, dass alle pädagogischen Einrichtungen eine Sexualpädagogik vermitteln sollen, die Selbstbestimmung und Selbstschutz stärkt. Zudem wird sexuelle Bildung als wichtiges Schnittstellenthema beschrieben.

Ein Priester hält einen Rosenkranz in der Hand
APA/dpa/Jochen Lübke
In einem Positionspapier betonen die Präventionsbeauftragten der deutschen Diözesen, wie wichtig Sexualpädagogik ist

Hoffen auf „Synodalen Weg“

Inhaltlich formuliert das 16-seitige Positionspapier unter anderem zentrale Annahmen zu Sexualität, Gewalt und Macht, identifiziert gemeinsame Themen von Präventionsarbeit und sexueller Bildung und zieht daraus Konsequenzen für die Präventionsarbeit. Die Bundeskonferenz der Präventionsbeauftragten, die jetzt zum ersten Mal ein solches Papier vorlegt, will sich damit in aktuelle Debatten einbringen.

Hoffnung setzen die Präventionsbeauftragten der deutschen Diözesen in den von den Bischöfen und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken gestarteten Synodalen Weg zur Zukunft der Kirche in Deutschland. Dieser stehe in der Verantwortung, „das Fundament zu legen, auf dem die weitere Entwicklung der Konzepte von sexueller Bildung in katholischen Einrichtungen und Diensten ansetzen kann“.

Bischof „froh“ über Positionspapier

Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, erklärte: „Ich bin froh, dass die Präventionsbeauftragten der Diözesen mit diesem Papier auf die wichtige Verbindung von Präventionsarbeit und sexueller Bildung hinweisen und erhoffe mir von der weiteren Beschäftigung mit dem Thema wichtige Erkenntnisse.“