Katholiken

Flüchtlingsnotaufnahme: Hoffen auf „Pfingstwunder“

Vertreter der katholischen Kirche halten an ihrer Forderung nach einer Flüchtlingsnotaufnahme aus Elendsquartieren an den Rändern der EU fest, obwohl bisher keine Kursänderung der Asylpolitik der Bundesregierung stattgefunden hat.

„Erhoffte Weihnachts- oder Osterwunder für eine Flüchtlingsnotaufnahme in Österreich sind bisher leider nicht eingetroffen“, so Erich Hohl, Integrationsbeauftragter der Diözese Graz-Seckau, am Montag. „Vielleicht gelingt heuer ein Pfingstwunder“, wird der kirchliche Experte zitiert.

Hohl reagierte im Gespräch mit Kathpress auf ORF-Interviews, die Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und die Vorsitzende der vom Justizministerium eingerichteten Kindeswohlkommission, Irmgard Griss, am Sonntag zum Thema Asylpolitik gegeben hatten. Nehammer betonte in der ORF-„Pressestunde“ zum nach Aufsehen erregenden Abschiebungen vielfach eingeforderten humanitären Bleiberecht, dieses werde in jedem Fall geprüft.

Diskussion über „Signalwirkung“

Man könne aber nicht Personen ohne Asylstatus einfach hier behalten, weil das eine Signalwirkung in den Herkunftsländern hätte und nur den Schleppern nutzen würde. Griss widersprach in Bezug auf Asylverfahren der Aussage Nehammers „Wenn wir anfangen, an Einzelfallentscheidungen zum Maßstab zu machen, dann verlieren wir die Objektivität des Verfahrens“.

Menschen in einem Flüchtlingscamp auf der griechischen Insel Lesbos, März 2021
Reuters/Elias Marcou
Es handle sich immer um Einzelfälle mit konkreten Menschen, argumentierte Irmgard Griss (Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos)

Pfarrer berücksichtigen

Es handle sich logischerweise immer um Einzelfälle mit konkreten Menschen, über die zu entscheiden sei. Das werde besser gelingen, wenn die Expertise der kommunalen Ebene – etwa durch Bürgermeisterinnen oder Pfarrer – berücksichtigt wird. Das sei derzeit nicht der Fall, bedauerte Griss in der ZiB2. Es gebe zwar durch die Verfassung abgesicherte Kinderrechte, „aber unten, bei den Kindern selbst, kommt wenig davon an“, besonders im Asylwesen.

Die von der ehemaligen Höchstrichterin Griss angedeuteten Verbesserungen beim Entscheid über das Humanitäre Bleiberecht „klingen logisch, angemessen und vernünftig“, befand Kirchenexperte Hohl am Montag.

Dieses Recht zeitgemäß weiterzuentwickeln, „um Schwachstellen zu beseitigen und um unnötige Härtefälle zu reduzieren“, heiße mehr Beachtung für Vertreter der kommunalen Ebene. Der Integrationsbeauftragte nannte es ein unverzichtbares Ziel in Asylverfahren, „die Lebensumstände und Integrationsbemühungen der Betroffenen entsprechend zu berücksichtigen“.

Pochen auf Flüchtlingsaufnahme

Hohl sprach sich auch – wie davor viele kirchliche Verantwortungsträger etwa aus den Reihen der Bischofskonferenz – dafür aus, Familien mit positivem Asylbescheid aus griechischen Flüchtlingslagern in Österreich aufzunehmen. Die Bereitschaft dazu sei nach wie vor da: Seit mehr als einem Jahr gebe es „herzhafte Bemühungen“ von Kirchen und Zivilgesellschaft, die Not von Flüchtlingen an den Toren Europas zu lindern.

„Ebenso lang werden alle Hilfsangebote zur Aufnahme von Flüchtlingen in Österreich von der Bundesregierung strikt abgelehnt“, so Hohl. Dabei wäre eine geordnete humanitäre Notaufnahme von wenigstens 100 Familien mit Kindern aus Griechenland im Rahmen einer koordinierten europäischen Rettungsaktion nicht schwer zu bewerkstelligen.

Gemeinden „warten auf Startsignal“

Viele Gemeinden in Österreich mit Bürgermeistern aus allen politischen Parteien, zivilgesellschaftliche Initiativen und kirchliche Einrichtungen in der Steiermark und weit darüber hinaus seien längst gut vorbereitet „und warten lediglich auf ein positives Startsignal der Bundesregierung“, sagte der Experte.

„Damit kein Missverständnis aufkommt: Bei dieser Flüchtlingsnotaufnahme geht es nicht darum, alle Flüchtlings- und Asylfragen zu lösen, unsere Gesellschaft zu überfordern oder etwa gar den Kirchen einen Gefallen zu tun“, so Hohl. Es gehe vielmehr um einzelne Menschenschicksale und um grundlegende Fragen der Menschenwürde, die ausnahmslos allen Menschen zustehe.

Die Weigerung der österreichischen Regierung erzeugt aus der Sicht des Integrationsbeauftragten ein „doppeltes Drama: Flüchtlinge werden um eine Lebensperspektive gebracht und Menschen, die helfen wollen, werden hingehalten und enttäuscht.“