Orden

Jesuiten gründen zentraleuropäische Provinz

Der Jesuitenorden führt seine bestehenden Provinzen in den deutschsprachigen und weiteren europäischen Ländern zusammen und gründet eine gemeinsame Provinz Zentraleuropa.

Diese umfasst insgesamt 36 Standorte in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Litauen, Lettland und Schweden mit insgesamt 442 Ordensmännern. Das gab Pater Bernhard Bürgler (61), bisher Leiter der österreichischen Jesuiten-Provinz und für die nächsten sechs Jahre neuer Provinzial für Mitteleuropa, in einem Video auf der Website der Österreichischen Ordenskonferenz bekannt. Offizielles Datum für den Neustart ist der 27. April.

Anlass der Neugründung sei einerseits der Rückgang der Mitgliederzahlen aber auch Überlegungen gewesen, wie der Orden am besten seinem Gründungsauftrag entsprechen könne, erklärte Bürgler. Am Anfang der „Gesellschaft Jesu“ (Societas Jesu) seien Menschen aus verschiedenen Nationalitäten gestanden, „die alle einen Auftrag verspürt haben, die Botschaft Jesu zu verkünden“.

Strukturen seien erst im Lauf der Zeit entstanden, dass dabei aber mit den nationalen Provinzen auch „eine Art Nationalitäts- und Provinzbewusstsein“ aufgekommen sei, passe eigentlich nicht zum Ursprungsgedanken.

„Blick geweitet“

Durch die Neugründung erhoffe man im Orden, „dass Mitbrüder besser ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt werden können“ aufgrund der neuen Tätigkeitsfelder in dem nun größeren Provinzgebiet, sagte der Leiter der neuen Ordensprovinz. Die Struktur solle dazu beitragen, die Sendung und Mission besser ausüben zu können als bisher.

Dass sich der Orden im Werdeprozess der neuen Einheit intensiv auch mit Widerständen auseinandergesetzt und den Blick geweitet habe, bezeichnete der Geistliche als „große Chance“. „Ich habe den Eindruck, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen wollen und eine gute Lösung suchen, und blicke mit großer Zuversicht in die Zukunft.“

Gemeinsamkeit für neue Perspektiven

Einblicke in den Wandelprozess bei den Jesuiten lieferte auch Georg Nuhsbaumer, Organisationsentwickler im Wiener „Kardinal König Haus“. Man habe nicht versucht, Altes umzustrukturieren und zu retten, sondern den Blick bewusst auf den gemeinsamen Neubeginn gerichtet. „Die Frage ‚Was wollen wir bewirken?‘ stand am Anfang, und die Erkenntnis, dass man manches besser tun kann, wenn es gemeinsam vollbracht wird“, so der Experte. Dass sich bei künftigen Treffen nicht wie bisher vier Provinzen, sondern 36 Kommunitäten begegnen, eröffne ganz neue Perspektiven.

Sowohl Bürgler als auch Nuhsbaumer hoben zudem die Teamarbeit der Ordensgeistlichen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Freunden der Jesuiten hervor. Man verstehe sich als „Gefährtinnen und Gefährten der Sendung“, die gemeinsam auf dem Weg seien.

Bürgler erster Leiter

Die Ernennung Bürglers zum ersten Leiter der zentraleuropäischen Provinz durch den Jesuiten-Generaloberen Arturo Sosa war bereits im vergangenen Sommer erfolgt. Der gebürtige Osttiroler studierte in Innsbruck Theologie, trat 1991 bei den Jesuiten ein, promovierte nach dem Noviziat in Theologie und machte zudem eine Ausbildung zum Psychotherapeuten.

Weiters war er u. a. Spiritual im Innsbrucker Priesterkolleg Canisianum, Leiter des Exerzitienhauses „Haus Gries“ im deutschen Wilhelmsthal, Bereichsleiter für Spiritualität und Exerzitien im Wiener Kardinal König Haus und seit 2014 Leiter der Österreichischen Jesuiten-Provinz.

Größter Orden weltweit

Die Jesuiten („Gesellschaft Jesu“) wurden 1540 durch Ignatius von Loyola gegründet. Sie sind u. a. in Schulen und Universitäten, in der Pfarrseelsorge, in der Durchführung von Exerzitien (geistlichen Übungen) und Angeboten der Glaubensorientierung, in der Flüchtlingsarbeit über den Jesuiten-Flüchtlingsdienst JRS sowie über die Jesuitenmission in der internationalen Kooperation weltweit und im Religionsdialog aktiv.

An der Spitze des Ordens steht der Generalobere in Rom, seit 2016 der Venezolaner Arturo Sosa. Auch Papst Franziskus ist Mitglied des Ordens, der mit insgesamt rund 15.000 Brüdern und Priestern zahlenmäßig der größte in der römisch-katholischen Kirche ist.