Angelobung

Diakonie-Forderungen an Minister Mückstein

Anlässlich des Amtsantritts des neuen Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein (Grüne) hat die Diakonie auf die soziale Dimension der Coronavirus-Krise hingewiesen. Die evangelische Hilfsorganisation appelliert, ein Anwalt für die Menschen mit wenig Geld und Einfluss zu sein.

„Wie die Kosten der Corona-Krise verteilt werden, entscheidet darüber, ob es in den nächsten Jahren in Österreich mehr oder weniger Armut geben wird“, wird Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in einer Aussendung am Montag zitiert. Die Diakonie appelliert an den neuen Minister, über die unmittelbare Pandemie-Bekämpfung die sozialen Agenden nicht zu vergessen und „als Anwalt für Menschen mit wenig Geld und wenig Einfluss zu agieren“.

„Dringenden Handlungsbedarf“ ortet Moser in den Bereichen Existenzsicherung und Wohnungslosigkeit. Die neue Sozialhilfe sei nicht krisenfest, das zeige sich jetzt während der Pandemie besonders. „Es braucht eine gute Mindestsicherung statt einer schlechten Sozialhilfe, die in der Not nicht trägt“, so Moser und fordert „als ersten Schritt die Sanierung der dringendsten Probleme des Sozialhilfegrundsatzgesetzes“.

Niederösterreich besonders betroffen

Geringere Richtsätze für Erwachsene mit Kindern und Kürzungen des Lebensunterhalts würden viele Familien an den Rand der Gesellschaft drängen, und Hunderte seien aus der Krankenversicherung ausgeschlossen. Betroffen von den „Verschlechterungen der Sozialhilfe“ sind laut Diakonie beispielsweise Menschen in teilbetreuten Wohngemeinschaften, im Übergangswohnen sowie in psychosozialen Wohnheimen.

Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser
APA/Hans Punz
Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser appelliert an den neuen Gesundheitsminister, die soziale Dimension der Coronavirus-Pandemie nicht zu vergessen

Besonders dramatisch beurteilt die Hilfsorganisation die Lage in Niederösterreich, wo nach Schätzungen der Diakonie 200-300 Frauen, Männer und Kinder, die humanitäres Aufenthaltsrecht haben, gänzlich aus der Sozialhilfe herausgefallen sind. „Es wurde schon viel zu lange zugewartet. Der Sozialminister und das Land NÖ müssen nicht nur eine Sofortlösung für die Betroffenen, die kein Geld für Miete und Essen haben und nicht krankenversichert sind, erarbeiten“, fordert Moser.

Delogierungen vermeiden

Ebenso eine „Sofortlösung“ brauche es, um die bevorstehende Delogierungswelle zu verhindern. Die Mietstundungen wegen der Coronavirus-Krise sind im März ausgelaufen. Schätzungsweise könnten 48.800 Kündigungen und Räumungsklagen drohen, 17.000 könnten aus ihrer Wohnung fliegen – „und das, obwohl die Pandemie nicht vorbei ist“, unterstreicht die Diakonie-Direktorin. „Es braucht einen Wohnungssicherungs-Fonds, um Delogierungen zu vermeiden.“

Pflegereform nicht absagen

„Wir stehen am Anfang einer Pflegereform – die darf nicht abgesagt werden“, nennt Moser den dritten Punkt, in dem sie den neuen Sozial- und Gesundheitsminister gefordert sieht. „Wir brauchen eine wirkliche Reform. Es darf nicht um Quick-Wins gehen oder darum, an einzelnen Baustellen das eine oder andere zu sanieren, sondern es geht darum, eine vernünftige Gesamtarchitektur für die Pflegereform zu erarbeiten.“

Die Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen – Personal, bedarfsgerechte Angebote, Unterstützung pflegender Angehöriger und Finanzierung – müssten sinnvoll ineinandergreifen.

Als wesentliche Leitfrage für eine Pflegereform sieht die Diakonie die Bedürfnisse und Autonomie von Menschen mit Pflegebedarf. Derzeit bestimme „das System“ das Angebot an Pflegedienstleistungen. Betroffene könnten sich meist nur zwischen mobiler Hauskrankenpflege und Pflegeheim entscheiden, und allzu oft bleibe nur das Heim als Lösung. Das sei oft viel zu früh und diejenige Lösung, welche die Betroffenen nicht wollen und die volkswirtschaftlich die teuerste ist, so Moser abschließend.