Kirche nimmt an Dialogforum zu Sterbehilfe teil

Die römisch-katholische Kirche wird sich kommende Woche am Dialogforum zur Sterbehilfe im Justizministerium beteiligen. Sie entsendet die die auf biopolitische Fragen spezialisierte Juristin Stephanie Merckens.

Das teilte die Bischofskonferenz am Dienstag mit. Merckens ist Leiterin der politischen Abteilung des Instituts für Ehe und Familie (IEF). Mit Anna Parr ist weiters auch die Generalsekretärin der Caritas Österreich in der 25-köpfigen Expertenrunde vertreten.

Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) vergangenen Dezember den Straftatbestand der „Hilfeleistung zum Selbstmord“ aufgehoben hat, müssen gesetzliche Regelungen gefunden werden. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat ein solches bis Sommer angekündigt.

Das Justizministerium hat nun als Vorbereitung zu dem fünftägigen Dialogforum geladen. Vertreten sind hier neben anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften auch Hilfsorganisationen, Pflegeeinrichtungen, die Ärztekammer, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Verfassungsdienst und das Sozialministerium.

Kirche kann Hilfe zum Suizid nicht gutheißen

Sosehr es eine „demokratiepolitische Tatsache“ sei, dass in Österreich in gewissem Rahmen Sterbehilfe zugelassen wird, „kann die Bischofskonferenz nie ein Gesetz gutheißen, das Hilfe zum Suizid unterstützt“, stellte Bischof Hermann Glettler als für diese Thematik in der Bischofskonferenz zuständiger Referatsbischof am Dienstag gegenüber der römisch-katholischen Nachrichtenagentur Kathpress klar. „Aufgabe der Bischöfe wird es daher weiterhin sein, auf die Wunde hinzuweisen, die ein solches Gesetz reißt.“

Eine Person hält einer anderen, im Bett liegenden, die Hand
APA/dpa/Patrick Seeger
Das Justizministerium hat zu einem Dialogforum zum Thema Sterbehilfe auch Religionsgemeinschaften eingeladen

Dennoch wolle man sich dem politischen Diskurs nicht verschließen. Das Angebot des Ministeriums, eine Expertenstimme ins Dialogforum zu entsenden, hätten die Bischöfe daher angenommen, und zwar aufgrund des „großen Erfahrungsschatzes der Kirche im Umgang mit vulnerablen und sterbenden Menschen“, den Merckens und Parr bei den Besprechungen auch konstruktiv einbringen wollen. Hierin sehe die Kirche auch eine große Verantwortung gegenüber den Menschen, die der Kirche und ihren Einrichtungen anvertraut sind.

Merckens: Kein Urteil über „lebenswertes“ Leben

Merckens ist seit über 20 Jahren als Juristin und Biopolitikerin mit der Materie befasst. Ihr erster Kontakt mit der Thematik erfolgte noch über Schwester Hildegard Teuschl, Grand Dame der österreichischen Hospizbewegung. In diesem Geiste seien für die Bischöfe mehrere Anliegen in dem anstehenden Gesetzesprozess besonders wichtig, unterstrich Merckens gegenüber Kathpress.

So dürfe die neue Regelung etwa nicht dazu führen, ein Menschenleben als „lebensunwert“ zu bewerten. Die Suizidprävention und die Begleitung der Sterbenden müsse als primäre Aufgabe eines Sozialstaates abgesichert werden. Um das Vertrauen in die Gesundheits- und Pflegeberufe nicht zu erschüttern, dürften Suizidbeihilfe und Tötung auf Verlangen nicht als Aufgabe des Arztes oder sonstiger Gesundheitsberufe gesehen werden, so Merckens weiter, denn: „Hilfe tötet nicht.“

Caritas: Sterbebegleitung ausbauen

Die im Dialogforum ebenfalls vertretene Generalsekretärin der Caritas Österreich, Anna Parr, begrüßte gegenüber Kathpress die Einladung von mit dem Thema befassten Hilfsorganisationen. Aus ihrer Sicht seien nun nicht nur „möglichst klare und enge gesetzliche Vorgaben“ für die durch das VfGH-Erkenntnis jetzt notwendige Regelung der Suizidbeihilfe zu finden, es gehe auch darum, gleichzeitig den „bewährten österreichischen Weg“ im Blick auf Sterbebegleitung voranzutreiben, durch flächendeckenden Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung für Erwachsene und Kinder mit Rechtsanspruch auf diese.

Die im Regierungsprogramm wie auch im Strategiepapier zur Pflegereform enthaltene Zielsetzung dieses Ausbaus gelte es „rasch und prioritär umzusetzen“, drängte die Caritas-Generalsekretärin. Es handle sich dabei auch um einen „wichtigen Baustein in der Suizidprävention“, sei doch der Wunsch zu sterben in Wahrheit oft ein Ruf nach Hilfe, Nähe und Schmerzlinderung.

Missbrauch und Druck verhindern

Bestätigt sah dies Parr im nur wenig ausgeprägten Wunsch nach Sterbe- und Suizidhilfe in Ländern mit guter Palliativ- und Hospizversorgung. Worauf Österreich dabei bauen könne, sei der Umstand, dass der 2004 von Kardinal Franz König formulierte Satz, „dass Menschen an der Hand eines anderen Menschen sterben sollen und nicht durch die Hand eines anderen Menschen“, auch heute noch breiter Konsens ist.

Unbedingt sei bei der Formulierung des Gesetzesrahmens zum assistierten Suizid sicherzustellen, „dass jedweder Missbrauch und jedwede Geschäftemacherei durch gewinnorientierte Vereine und Unternehmen verhindert werden“, betonte Parr.

Gewissensfreiheit wahren

Sowohl Parr als auch Merckens unterstrichen weiters, dass Berufsgruppen wie Ärzte oder Mitarbeiter anderer Gesundheitsberufe nicht zur Mitwirkung oder Beteiligung am assistierten Suizid gedrängt und auch nicht unter Druck gesetzt werden dürften.

Gewahrt bleiben müsse „sowohl die individuelle Gewissensfreiheit als auch die Möglichkeit von Spitälern und medizinischen Einrichtungen, Mitwirkung und Duldung jeglicher Art von Suizidbeihilfe verweigern zu können“, sagte Merckens. Auch die Gewährleistung des freien Willens und der Schutz vor internalisierter Fremdbestimmung müsse gesichert bleiben.