Der Bischof von Antwerpen, Johan Bonny
REUTERS/Francois Lenoir
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Segnung

Belgien: Austrittswelle wegen Vatikan-Dekrets

Aus Protest gegen das vatikanische Verbot der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare verlassen offenbar viele Belgierinnen und Belgier die Kirche. Das sagte der Bischof von Antwerpen, Johan Bonny.

Bonny äußerte laut französischsprachigen Medienberichten (Wochenende) bei einer Onlinekonferenz, rund 2.000 Personen hätten die Löschung ihres Taufeintrags in den Registern der flämischen Diözesen beantragt. Ende März hätten etwa 700 vor allem junge und heterosexuelle Katholiken und Katholikinnen die Pfarreien seiner Diözese verlassen.

Der Bischof beklagte, dass die vatikanische Glaubenskongregation nicht vor der Veröffentlichung des Dokuments Mitte März die Bischöfe und die vatikanische Familienbehörde miteinbezogen habe.

Bischof: „Dokument nicht zeitgemäß“

Das Papier sei "theologisch schwach und zeuge von einer „Unfähigkeit, zeitgenössische Entwicklungen in der biblischen, der Sakramenten-und der Moraltheologie“ aufzunehmen. „Es ist, als ob es in der Zeit von Pius XII. geschrieben wurde“, so Bonny.

Der Bischof verwies auf das Papst-Dokument „Amoris laetitia“ von 2016, das eine Suche nach neuen, positiven Elementen in der Familienseelsorge widerspiegele. Es gehe um keine Ausweitung der sakramentalen Ehe, betonte Bonny; aber „es gibt verschiedene Möglichkeiten, einander zu lieben, aufeinander aufzupassen und Verantwortung in Kirche und Gesellschaft zu übernehmen“.

Scharfe Kritik an vatikanischem Dokument

Schon Mitte März hatte der Antwerpener Bischof das vatikanische Verbot zur Segnung homosexueller Partnerschaften in ungewöhnlich scharfen Worten kritisiert.

Nach den Skandalen der vergangenen Jahre sei „entscheidend, das Vertrauen der Gläubigen wiederzugewinnen, und deshalb sagen wir belgischen Bischöfe ‚genug ist genug!‘“, sagte er damals. Er schäme sich für seine Kirche und sei wütend. Seiner Position hatte sich auch die Belgische Bischofskonferenz angeschlossen.

Es gelte anzuerkennen, „dass sich die Zeiten geändert haben“, so Bonny im März. „Wenn wir von ‚Sünde‘ sprechen, wo es um irreguläre Verhältnisse mit Blick auf unser Eheverständnis geht, so ist davon tatsächlich die Mehrheit unserer Gläubigen betroffen.“ Es gehe nicht nur um Homosexuelle, sondern um alle, die anders zusammenleben, also auch Geschiedene etc. „Die Hälfte der Kirche in meiner Diözese lebt also demnach in Sünde“, sagte der Bischof.