Regenwald

Amazonien: Kirche gegen Amnestie für Landraub

Ein dem brasilianischen Kongress vorliegender Gesetzentwurf zur Amnestie von Landraub in Amazonien stößt auf den Widerstand heimischer Bischöfe und internationaler Konzerne. Illegal gerodete Waldgebiete könnten legalisiert werden.

In einem Offenen Brief an die Mitglieder des brasilianischen Kongresses drohen 40 Unternehmen aus der Lebensmittelbranche mit dem Boykott brasilianischer Agrarprodukte, falls der Kongress dem Gesetz zustimmt, wie Medien berichten. Zugleich forderten über 60 Vertreter der römisch-katholischen Kirche eine Rücknahme des Gesetzentwurfs.

Bisher waren in Brasilien bereits illegale Landnahmen bis zum Stichtag 22. Juli 2008 legalisiert worden. Der Gesetzentwurf 510 sieht nun vor, alle bis zum 10. Dezember 2019 besetzten Gebiete zu legalisieren. Zudem soll die maximale Größe der Landgüter auf 2.500 Hektar erhöht werden. Die Gesetzesinitiative solle eine „historische Ungerechtigkeit“ korrigieren und 300.000 Bauern endlich ihr Land zusprechen, so die Initiatoren von der Partei PSD. Sie ersetzt einen gescheiterten Vorstoß der Regierung mit gleicher Intention.

Bischöfe warnen

In einem Brief an Senatspräsident Rodrigo Pacheco warnten 61 Bischöfe sowie der emeritierte Amazonasbischof Erwin Kräutler und Kardinal Claudio Hummes vor den ökologischen und sozialen Folgen des Gesetzes für die Region. „Und dies geschieht nur wenige Tage, nachdem die Regierung auf der von der US-Regierung abgehaltenen Klimakonferenz den Schutz Amazoniens versprochen hat“, so die Bischöfe.

„Die Augen der Welt sind auf Brasiliens Umweltpolitik gerichtet, und wir laufen Gefahr, wieder einmal ein Gesetz zu verabschieden, das im Widerspruch zu den Bemühungen steht, die Umwelt zu schützen.“

43 Millionen Hektar Regenwald in Gefahr

Einmal verabschiedet, würde das Gesetz nicht nur den bereits erfolgten Raub von Staatsland legalisieren. Laut Berechnungen der Bundesuniversität des Gliedstaates Minas Gerais würden der Besetzung weiterer 43 Millionen Hektar Staatsland Tür und Tor geöffnet, davon 24 Millionen Hektar Waldgebiete. Zudem erlaube das Gesetz Großunternehmen, in Gebieten tätig zu werden, die bisher Kleinbauern vorbehalten waren.

Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Messias Bolsonaro hatte bereits 2019 das Dekret MP 910/2019 mit ähnlicher Intention erlassen. Allerdings verfiel es, weil der Kongress nicht rechtzeitig darüber abstimmte. Ob er nun der neuen Initiative zustimmt, ist fraglich, da die Regierung keine klare Kongress-Mehrheit hat.

Unterschiedliche Interessen

Zudem steht Brasiliens Agrarlobby nicht geschlossen hinter dem Projekt. Während Kleinbauern und mittelgroße Unternehmen in der Amazonasregion auf die Legalisierung drängen, fürchten Großunternehmen Sanktionen auf dem Weltmarkt. Zuletzt hatten bereits brasilianische und ausländische Unternehmen und Investoren Mahnungen an die Regierung Bolsonaro geschickt, den Wald zu schützen. Auch drängt die neue US-Regierung von Joe Biden auf einen verschärften Schutz der Amazonaswälder.

„Unsere Türen sind weiterhin offen“, so mehrere große Unternehmen in ihrem Schreiben. „Aber wenn diese oder ähnliche Initiativen, die den bestehenden Schutz unterminieren, zu Gesetzen werden, werden wir keine andere Wahl haben, als unsere Unterstützung und die Nutzung der brasilianischen Lieferketten zu überdenken.“ Zu den Unterzeichnern zählen unter anderen Aldi, Lidl, Metro und Coop sowie Migros.