USA

Kommunion für Biden: Vatikan bremst Debatte

Der Vatikan mahnt die US-Bischöfe zu Zurückhaltung in der Debatte um den Sakramentenempfang für Politikerinnen und Politiker, die eine liberale Position beim Thema Abtreibung vertreten. Neue Brisanz erhielt das Thema durch die Wahl von US-Präsident Joe Biden.

Die Glaubenskongregation appellierte in einem Brief an den Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz, Erzbischof Jose Gomez, auf ein von einigen Bischöfen gewünschtes Schreiben über die „Würdigkeit des Kommunionempfangs“ vorerst zu verzichten.

Stattdessen solle es zunächst interne Bischofsberatungen sowie einen Dialog mit jenen katholischen Politikern geben, die „Gesetze unterstützen, die Abtreibung, Euthanasie oder andere moralische Übel erlauben“. Das berichtete das Jesuiten-Magazin „America“ und der US-Pressedienst Catholic News Service am Montag.

Vatikan will Spaltung verhindern

Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, hob hervor, es gehe darum, die Einheit zu wahren. Die Formulierung einer nationalen Linie könne „angesichts ihres möglicherweise strittigen Charakters den gegenteiligen Effekt haben und zu einer Quelle der Zwietracht und nicht der Einheit innerhalb des Episkopats und der Kirche in den Vereinigten Staaten werden.“

Bevor ein gemeinsames Papier der US-Bischofskonferenz verabschiedet werden könne, brauche es auch unter den Bischöfen einen breiten und kontroversen Dialog. Eine derartige Erklärung müsse nicht bloß eine Mehrheit, sondern einen „einen echten Konsens der Bischöfe in dieser Angelegenheit zum Ausdruck bringen“.

Kardinal Luis Francisco Ladaria,  Präfekt der Glaubenskongregation
APA/AFP/Andreas Solaro
Der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, will die Debatte über den Kommunionsempfang bremsen

Debatte mit Bischöfen anderer Länder

Ladaria betonte außerdem: „Es wäre irreführend, wenn eine solche Erklärung den Eindruck erwecken würde, dass Abtreibung und Euthanasie allein die einzigen schwerwiegenden Angelegenheiten der katholischen Moral- und Soziallehre darstellen, die die volle Rechenschaftspflicht seitens der Katholiken erfordern.“ Angesichts der über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinausgehenden Bedeutung des Themas sollten zudem Anstrengungen unternommen werden, um mit Bischofskonferenzen anderer Länder darüber in einen Dialog zu treten.

Der laut Catholic News Service mit 7. Mai datierte Brief des Glaubenspräfekten ist offenbar eine Antwort auf ein Schreiben von Erzbischof Gomez, in dem er Rom darüber informierte, dass die US-Bischöfe sich darauf vorbereiten, die Situation katholischer Politiker und „die Bereitschaft, die heilige Kommunion zu empfangen, anzusprechen“.

Neue Brisanz durch Biden

Zuletzt hatten unter anderem die „Washington Post“ und die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) berichtet, dass sich die Bischofskonferenz bei ihrer Frühjahrsversammlung im Juni mit dem Kommunion-Thema befassen werde. Demnach geht es um die Arbeit an einem gemeinsamen Dokument, das verdeutlichen soll, dass katholische Politikerinnen und Politiker, die Abtreibungen befürworten, die Kommunion nicht empfangen können.

Die Frage ist unter den US-Bischöfen umstritten und kocht seit Jahren immer wieder hoch. Neue Brisanz erhielt das Thema zuletzt durch die Wahl von US-Präsident Joe Biden. Der zweite katholische Präsident der USA nach John F. Kennedy lehnt nach eigenen Worten Abtreibungen zwar ab, die politischen Entscheidungen seiner Regierung weichen bei Schwangerschaftsabbruch, Ehe und Geschlechter-Identität aber von der kirchlichen Position ab.

US-Präsident Joe Biden in einer Kirche
APA/AFP/Jim Watson
US-Präsident Joe Biden ist gläubiger Katholik. Eine Debatte darüber, ob er weiterhin die Kommunion bekommen soll ist entbrannt.

Bischöfe uneins

Während Washingtons Erzbischof Kardinal Wilton Gregory oder der zuletzt emeritierte Bischof von Bidens Heimatstadt Wilmington, William Malooly, kein Problem damit haben, dem Präsidenten die Kommunion zu spenden, haben sich andere Bischöfe dagegen ausgesprochen. Dazu zählen unter anderen der pensionierte Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput sowie der Vorsitzende des Lebensschutz-Ausschusses der US-Bischofskonferenz, Joseph Naumann.

Da Präsident Biden katholisch sei, stellte dessen abtreibungsfreundliche Haltung für die Kirche ein großes Problem dar, sagte Naumann der AP. Es könne unter den Gläubigen entstehen. „Wie kann er sagen, dass er ein gläubiger Katholik ist und diese Dinge tut, die der Lehre der Kirche widersprechen?“

„Eine Frage der Integrität“

Erst Anfang Mai veröffentlichte auch der Erzbischof von San Francisco, Salvatore Cordileone, einen Hirtenbrief zum Thema. „Es ist grundsätzlich eine Frage der Integrität: Das Allerheiligste Sakrament in der katholischen Liturgie zu empfangen bedeutet, sich öffentlich zum Glauben und zur Sittenlehre der katholischen Kirche zu bekennen und danach leben zu wollen“, schrieb Cordileone laut Bericht des Mediennetzwerks CNA.

Konkrete Namen, etwa jenen der in San Francisco beheimateten demokratischen Sprecherin des Repräsentantenhauses Nany Pelosi, nannte das bischöfliche Schreiben nicht. In einer Passage wandte sich Cordileone aber ausdrücklich an katholische Amtsträger, die sich für die Abtreibung einsetzen. „Sie sind in der Lage, etwas Konkretes und Entscheidendes zu tun, um das Töten zu stoppen“, sagte der Erzbischof: „Bitte kehren Sie zurück in die Fülle Ihres katholischen Glaubens.“

Bischof: Eucharistie nicht als Waffe einsetzen

Anders äußerte sich etwa im Februar der Bischof von San Diego, Robert McElroy. Wenn katholischen Politikern „wegen ihrer politischen Haltung in der Öffentlichkeit“ die Teilnahme an der Kommunion verweigert werde, dann sehe er darin den Versuch, „die Eucharistie als Waffe einzusetzen“, sagte er bei einer Online-Diskussion der Georgetown-Universität. Vielmehr müssten Menschen durch „Argumente, Dialog und Vernunft“ überzeugt werden.