Michael Chalupka
APA/GEORG HOCHMUTH
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„Politischer Islam“

„Islam-Landkarte“: Kritik der evangelischen Kirche

Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka stellt sich in der Debatte um die „Islam-Landkarte“ hinter die Vertreter der Muslime. Er forderte Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) am Freitag auf, das Projekt vom Netz zu nehmen.

Bischof Chalupka meint, die Religionsagenden wären im Bildungsministerium besser aufgehoben. Zuvor hatte schon die Universität Wien die Verwendung ihres Logos für die Landkarte untersagt.

Vertreter der auf der „Islam-Landkarte“ geouteten Vereine sehen sich gefährdet, weil einige Vereine dort mit der Privatadresse der verantwortlichen Personen gelistet werden.

Privatadressen öffentlich zugänglich

Darauf verweist auch Chalupka und kritisiert, dass mit der gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft der Muslime darüber kein Gespräch geführt wurde. Auch die Evangelische Kirche würde sich „eine Landkarte verbieten, in der ihre Einrichtungen, oder gar Einrichtungen, die mit ihr nichts zu tun haben, vom Staat in die Öffentlichkeit gebracht werden“, sagte Chalupka im Evangelischen Pressedienst.

„Das Integrationsministerium findet, so scheint es, nicht die richtige Haltung zur Religionsfreiheit“, findet der Bischof. Er könne sich daher eine Rückkehr der Religionsagenden ins Bildungsministerium vorstellen.

Uni-Wien untersagt Verwendung des Uni-Logos

Schon zuvor hatte die Universität Wien dem Projekt der „Dokumentationsstelle politischer Islam“ der Regierung die Verwendung ihres Logos untersagt. Rektor Heinz Engel stößt sich insbesondere an dem Impressum, in dem zur Meldung von „Informationen zu einzelnen Vereinen oder Moscheen“ aufgefordert wird.

Das Logo wurde daher am Freitagnachmittag von der Homepage genommen. Dort prangt nun der Hinweis, dass es sich dabei um ein Projekt des Instituts für islamisch-theologische Studien der Universität Wien handelt.

Projektleiter Ednan Aslan ist Professor für islamische Religionspädagogik an dem Institut. Ziel der online abrufbaren Landkarte ist laut Dokumentationsstelle, einen Überblick über muslimische Einrichtungen zu geben und jene zu identifizieren, die dem politischen Islam zuzurechnen sind.

Scharfe Kritik von der Islamischen Glaubensgemeinschaft

Scharfe Kritik kam zuletzt vor allem von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ). Das Projekt befeuere Rassismus. Vertreter der betroffenen Vereine kritisierten die Veröffentlichung von Privatadressen am Freitag außerdem als „enormes Sicherheitsrisiko“, wie der Vorsitzende der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ), Adis Serifovic, im Ö1-„Mittagsjournal“ sagte.

Auch Jugendvereine und Kinderorganisationen seien mit Privatadressen verzeichnet. Er befürchtet rassistische Anfeindungen und Übergriffe – wie auch der Moscheenbetreiber ATIB. Eine mögliche Gefährdung von Muslimen in Österreich befürchtet auch die Organisation SOS Mitmensch.

Keine Probleme im Integrationsministerium

Im Integrationsministerium sah man am Freitag kein Problem mit der Veröffentlichung der Adressen. Gegenüber Ö1 hieß es, diese seien aus dem Vereinsregister, wo man diese auch abrufen könne.

Dem widersprach allerdings Medienanwältin Maria Windhager. Sie verwies darauf, dass Sammelabfragen (etwa nach allen islamischen Vereinen, Anm.) nach dem Vereinsgesetz nicht zulässig sind. Aus ihrer Sicht könnten Unterlassungsansprüche gegen die Landkarte geltend gemacht werden.

Unterschiedliche Meinungen innerhalb der Koalition

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte sich hinter das Projekt. Bei der Islamkarte handle es sich um ein wissenschaftliches Projekt von anerkannten Professoren. Er sei davon überzeugt, dass dieses einen positiven Beitrag leisten können und leisten werde.

Die Grünen distanzierten sich von dem Projekt. „Im konkreten Fall gibt es da mehrere Fragezeichen offenkundig“, meinte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) am Freitag.