Papst Franziskus
Reuters/Remo Casilli
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Reform

Kindesmissbrauch: Vatikan erneuert Kirchenrecht

Die römisch-katholische Kirche verschärft ihr Strafrecht. Mit der Reform werden vor allem Delikte wie Missbrauch, Verletzung der Aufsichtspflicht und finanzielle Vergehen genauer bestimmt und stärker geahndet.

Zudem formuliert das kirchliche Gesetzbuch, der Codex Iuris Canonici (CIC), Strafen nun detaillierter, wie mehrere Agenturen am Dienstag berichteten. Dabei ist es Kirchenoberen in keinem Fall mehr freigestellt, ob sie erwiesene Vergehen bestrafen oder nicht. Das betrifft etwa Missbrauch.

So wird sexueller Missbrauch nun nicht mehr unter Verstößen gegen die Zölibatspflicht aufgeführt, sondern zählt im Kirchenrecht wie Mord und Abtreibung als Straftat „gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen“. Genannt werden weiters der Besitz und die Verbreitung von Pornografie von Minderjährigen, wenn Minderjährige dazu gebracht werden, solche Bilder aufzunehmen, sowie der Missbrauch von Amtsautorität bei sexuellen Vergehen gegen volljährige Untergebene.

Amtsenthebung möglich

Dafür sieht das Recht Amtsenthebung, andere gerechte Strafen oder die Entlassung aus dem Klerikerstand vor, wenn es die Schwere des Falls nahelegt. Auch wer Urteile oder Strafdekrete nicht ausführt oder Anzeigen nicht wie vorgesehen weitergibt, muss jetzt bestraft werden.

Die Worte „sexueller Missbrauch“ finden sich zwar nicht. Stattdessen ist von einer „Straftat gegen das sechste Gebot“ die Rede, also das Gebot gegen Ehebruch. Der Vatikan-Kirchenrechtler Markus Graulich sagte im Interview mit dem Medienportal Vatican News, dass das Gebot etwa vom Katechismus so gut definiert sei, dass man damit rechtlich arbeiten könne. 2019 habe man in Bezug auf Meldungen über Missbrauchsfälle von „sexuellen Handlungen“ gesprochen und damit die Weite der Straftat eingeschränkt. Hinterher hätten sich Menschen beschwert, die zwar missbraucht wurden, aber eben nicht sexuell.

Einzelbestimmungen nun in Gesetzbuch

Mit der nunmehrigen Reform von Buch VI („Strafbestimmungen in der Kirche“) des Codex Iuris Canonici greift die Kirche Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte auf. Seit dem Bekanntwerden der Missbrauchsskandale hatte der Vatikan bereits neue Einzelgesetze und Regelungen erlassen. Deren Bestimmungen sind nun in das allgemeine Gesetzbuch aufgenommen. Schärfer geahndet werden nun auch Vermögensdelikte.

Grobe Fahrlässigkeit bei der Verwaltung von Kirchengütern wird ebenso geahndet wie derjenige bestraft wird, der ohne vorgeschriebene Beratung oder Erlaubnis Kirchengut veräußert. Neben der Strafe gibt es oft eine Pflicht zur Wiedergutmachung. Als Delikte explizit aufgenommen wurden in den CIC aber auch der Versuch einer Weihe von Frauen sowie die Spendung von Sakramenten an jemanden, dem der Empfang verboten ist.

Exkommunikation und Suspension möglich

Da die Kirche keine Freiheitsstrafen verhängen kann, regelt sie Beugestrafen wie Exkommunikation oder Suspension genauer. Unter den Sühnestrafen werden nun auch Geldstrafen genannt sowie der ganze oder teilweise Entzug von Gehaltsansprüchen. Für mögliche Straferlasse werden schließlich genauere und höhere Hürden festgelegt.

Die Arbeit an der Strafrechtsreform habe vierzehn Jahre gedauert, wie die Nachrichtenagentur AP schrieb. In die Arbeiten waren Bischofskonferenzen weltweit, die Kurie und einzelne Kirchenjuristen eingebunden.