Nach jahrelanger Vorbereitung wird im Buch VI des Codex Iuris Canonici vieles verschärft und präzisiert. Wie die meisten Religionsgemeinschaften hat auch die katholische Kirche ein eigenes Strafrecht, das ergänzend zum weltlichen Strafrecht angewendet wird.
Es ist Teil des weltweiten katholischen Kirchenrechts (universales Kirchenrecht), das im Codex Iuris Canonici (CIC) niedergeschrieben ist. Er trat 1983 in Kraft. In den einzelnen Ländern bzw. Diözesen können die Bischöfe aber auch Spezialgesetze in Kraft setzen – sogenanntes Partikularrecht.
Keine Haft- aber „Beugestrafen“
Anders als staatliche Gerichte kann ein Kirchengericht keine Haftstrafen verhängen. Verhängt werden „Beugestrafen“, die nach Reue und Umkehr des Täters wieder aufgehoben werden müssen. Höchststrafe ist hier die Exkommunikation, also der Verlust aller Rechte und Ämter in der Kirche. Ferner gibt es Sühnestrafen, die zeitlich befristet oder dauerhaft verhängt werden können. Bei Geistlichen ist die Höchststrafe die unwiderrufliche Entlassung aus dem Klerikerstand.
Neues Recht gilt für alle Mitarbeitenden
Erstmals wird der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen benannt als eine Straftat gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen und nicht mehr als Verstoß gegen den Zölibat, also die Pflicht der Priester zum ehelosen Leben.
Missbrauch steht nun im selben Kapitel wie Mord, Vergewaltigung und Abtreibung. Die Höchststrafe für Geistliche bleibt die Entlassung aus dem Klerikerstand. Neu ist, dass auch kirchliche Angestellte oder Laien in Ehrenämtern wegen Missbrauchs kirchenrechtlich bestraft werden können.
Das Wohl der Gläubigen schützen
Die Bischöfe werden erstmals rechtlich verpflichtet, das Wohl der Gläubigen durch die Anwendung von Strafgesetzen zu schützen. Eine Neuerung gibt es auch beim Kirchenvermögen: Die widerrechtliche Aneignung (auch durch einen Bischof) ist nun ebenso strafbar wie die Veräußerung von Kirchenbesitz ohne die vorgeschriebene Beratung, Zustimmung oder Erlaubnis.
Ebenfalls neu ist ein erweiterter Straftatbestand der Korruption, der im Höchstfall zur Entlassung aus dem Amt führen kann. Neu geregelt sind außerdem Geldstrafen und Schadensersatzzahlungen für Kleriker und andere kirchliche Angestellte.
Frauenweihe und Sakramentenspendung
Was bedeuten die expliziten Verbote der Frauenweihe sowie der Sakramentenspendung an jene, denen der Empfang verboten ist? Die Verbote sind nicht neu, stehen jetzt aber im Codex. Sollte das kirchliche Lehramt aber irgendwann feststellen, dass eine Weihe für Frauen möglich ist, etwa als Diakonin, müsste das Strafrecht entsprechend geändert werden.
Das Verbot der Sakramentenspendung für jene, denen der Empfang verboten ist, gilt nur im Fall eines formalen rechtlichen Urteils. Die Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen und Nicht-Katholiken ist somit keine rechtliche, wohl aber eine moralische und seelsorgliche.