Orthodoxe

Belarus: Regimekritischer Erzbischof abgesetzt

Die russisch-orthodoxe Kirche hat einen regimekritischen Erzbischof in Belarus seines Amtes enthoben. Das Moskauer Leitungsgremium, der Heilige Synod, versetzte den Erzbischof von Grodno und Wolkowysk, Artemij (Kischtschenko) (69), in den Ruhestand.

Das geschehe aus "gesundheitlichen Gründen, teilte die Kirche am Mittwoch in Moskau und Minsk mit. Damit sei man einer entsprechenden Bitte des belarussischen Exarchats gefolgt. Die orthodoxe Kirche in Belarus hat eine gewisse Eigenständigkeit, gehört aber zum Moskauer Patriarchat, wo auch alle wichtigen Entscheidungen getroffen werden.

Erzbischof Artemij hatte im Sommer 2020 die Wahlfälschung zugunsten des autoritären Machthabers Alexander Lukaschenko verurteilt. Die Kirche dürfe nicht gleichgültig sein, hatte er gesagt. Die Verantwortlichen müssten „für all die Fälschungen, für den Betrug niederknien“, so Artemij damals.

Nicht der erste Fall

Zu seinem Nachfolger ernannte die Kirchenführung den Bischof von Slutsk und Soligorsk, Antonius (Walentinowitsch) (40). Dessen Diözese wird nun wiederum interimistisch von Metropolit Wenjamin (Tupjeko), dem Oberhaupt der orthodoxen Kirche in Belarus, geleitet.

Orthodoxe Kirche in Minsk, Belarus
Reuters/Vasily Fedosenko
Die orthodoxe Kirche in Belarus hat eine gewisse Eigenständigkeit, gehört aber zum Moskauer Patriarchat (Bild: Kirche in Minsk)

Im November hatte sich die orthodoxe Kirche in Belarus vom langjährigen Leiter ihrer Informationsabteilung, Erzpriester Sergej Lepin, getrennt, nachdem sich Präsident Lukaschenko öffentlich über regimekritische Äußerungen des Geistlichen auf dessen privater Facebook-Seite beschwert hatte.

„Satanisches Stampfen auf Lampen und Ikonen“

Der Geistliche hatte beklagt, dass Sicherheitskräfte einen privaten Gedenkort für einen offenbar durch Polizisten ums Leben gekommenen Mann zerstört hätten. „Wozu dieses satanische Stampfen auf Lampen und Ikonen“, fragte er. Lukaschenko forderte dazu auf, gegen den Kirchenmann vorzugehen. Die Generalstaatsanwaltschaft verwarnte ihn anschließend.

Die orthodoxe Kirche erhielt im November zudem ein Schreiben der weißrussischen Behörden, in dem sie vor Kritik am Regime oder regimekritischen Aktionen gewarnt wurde. Metropolit Wenjamin richtete in Folge auch ein entsprechendes Schreiben an Erzbischof Artemij, wie das Infoportal belsat unter Berufung auf den russischen Blogger und Publizisten Andrej Kurayeu berichtete. Nun waren aber anscheinend noch deutlichere Maßnahmen nötig.

Kirchenoberhaupt im Vorjahr zurückgetreten

Schon im vergangenen Sommer war das bisherige Oberhaupt der orthodoxen Kirche in Belarus, Metropolit Pawel, überraschend zurückgetreten. Das Leitungsgremium der russisch-orthodoxen Kirche, der heilige Synod, wählte darauf im September Wenjamin, bisher Bischof von Borisow und Marina Gorka, zu seinem Nachfolger.