Katholiken

Sündenablass: Das Fegefeuer gibt es noch

Noch bis in die Neuzeit hinein konnten sich Menschen, die nach katholischer Lehre Sünden begangen haben, von Strafen freikaufen. Heute ist der Umgang mit dem Sündenablass ein anderer – das Konzept eines Fegefeuers besteht aber noch.

Der Vatikan gewährt aktuell allen Pilgerinnen und Pilgern italienischer Wallfahrtsstätten, die sich einer eigens ins Leben gerufenen Initiative anschließen, einen Ablass ihrer zeitlichen Sündenstrafen, wie Kathpress kürzlich berichtete.

Sünden an sich können vergeben werden, die Folgen sündhafter Handlungen bleiben aber bestehen. Für diese müssen die Seelen nach katholischer Vorstellung nach dem Tod für eine bestimmte Zeit ins Fegefeuer (Purgatorium) zur Läuterung – bevor sie in den Himmel kommen. Diese zeitlichen Sündenstrafen können durch Ablässe verkürzt werden.

Nicht die Hölle

„Wer in der Gnade und Freundschaft Gottes stirbt, aber noch nicht vollkommen geläutert ist, ist zwar seines ewigen Heiles sicher, macht aber nach dem Tod eine Läuterung durch, um die Heiligkeit zu erlangen, die notwendig ist, in die Freude des Himmels eingehen zu können", heißt es dazu im Katechismus (Kapitel III, 1030), dem „Lehrbuch“ für katholischen Glauben.

Fegefeuer, Darstellung im Beinhaus Stans
Schmachtend und gequält scheinen die Seelen in einer barocken Darstellung im Beinhaus in Stans (Schweiz)

Das Fegefeuer wird aus katholischer Sicht nicht als dasselbe wie eine Hölle angesehen, auch wenn bildliche Darstellungen diese Verbindung nahelegen. Im kirchlichen Konzept schmoren nur Seelen in der Hölle, deren Gemeinschaft mit Gott dauerhaft beschädigt ist und vor dem Tod des Menschen nicht mehr durch Reue hergestellt wurde. Die schwerste Sünde ist nach katholischer Lehre die Aufhebung der Gemeinschaft mit Gott (durch Leugnung und das Abwenden von Gott).

Katholische Spezialität

Das Fegefeuer ist eine katholische Spezialität, andere christliche Gemeinschaften schenken ihm keine große oder gar keine Bedeutung. Martin Luthers Kritik am Ablasswesen war wesentlicher Bestandteil der Reformation. In drastischen bildlichen Darstellungen wird das Fegefeuer in Kirchen und Kapellen dargestellt. Nackte, gequälte Menschen streben danach, den Flammen des Feuers zu entkommen.

Feuer galt schon im Altertum als Reinigungssymbol, im frühen Christentum wurde es als der Ort der Seelen betrachtet, die auf die Auferstehung warten – ohne Qualen, schlafend. Papst Gregor der Große erklärte im 6. Jahrhundert das Fegefeuer zum Bestandteil der christlichen Heilsökonomie. Ab dem 12. Jahrhundert war die Vorstellung eines Fegefeuers fix in der Volksfrömmigkeit verankert.

Fegefeuer-Darstellung in einer Kirche in St. Lorenzen, Südtirol
Seelen im Fegefeuer können sich nach katholischer Vorstellung des Eingangs in den Himmel sicher sein. Das Fegefeuer wurde lange Zeit als Ort gesehen, heute wird es eher als innerer Vorgang verstanden. Darstellung aus der Pfarrkirche St. Lorenzen in Südtirol.

Gekaufter Ablass

Der Ablasshandel trieb im Lauf der Zeit wilde Blüten. Mit Geldspenden an die Kirche, bezahlten Männern, die stellvertretend fasteten, der Teilnahme an Kreuzzügen und gekauften „Ablassbriefen“ konnte Ablass „erworben“ werden. Durch die Reformation setzte auch in der katholischen Kirche ein Umdenken ein, und 1567 belegte Papst Pius V. den Ablasshandel mit der Exkommunikation.

Auch von konkreten Angaben, wie lang die Zeit im Fegefeuer für bestimmte Vergehen dauert, habe man sich verabschiedet, sagte Sabine Konrad, Leiterin des Instituts für Kanonisches Recht an der Uni Graz, im Gespräch mit religion.ORF.at. Papst Paul VI. betonte 1967 die Bedeutung guter Werke für den Ablass von Sündenstrafen.

Durch aktive Handlungen (Frömmigkeitsübungen) wie eben eine Wallfahrt, Kommunionsempfang, Gebete, gute Werke, Reue, Versöhnung und Nächstenliebe verkürzt sich für Gläubige die Zeit im Fegefeuer. Ziel ist die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit Gott.

Fegefeuerdarstellung aus der elsässischen Legenda Aurea von 1419, Universitätsbibliothek Heidelberg
Wikipedia/Public Domain
Cartoonartige Fegefeuerdarstellung aus dem 15. Jahrhundert (Legenda Aurea, Universitätsbibliothek Heidelberg)

Das Fegefeuer stellt man sich heute nicht mehr örtlich, sondern als Zustand, Prozess und inneren Vorgang vor. Kardinal Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI. schrieb 1977, es handle sich um einen von innen her notwendigen Prozess der Umwandlung des Menschen.

Auf „Reset“ drücken

Die aktuelle italienische Initiative gewährt einen Teilablass, was bedeute, die Zeit im Fegefeuer werde in dem Maß verkürzt, wie der Mensch selbst bereits Buße getan habe, so Konrad. Zum Akt der Buße zählt laut der Kirchenrechtlerin auch, dass eigenes Leiden geduldig ertragen werde.

Die Kirchenrechtsexpertin vergleicht den Ablass mit dem Druck auf den „Reset“-Knopf bei elektronischen Geräten, es sei danach ein Neustart möglich. Lebende können auch für Seelen bereits Verstorbener beten und bitten, die Zeit im Fegefeuer zu verkürzen, nicht aber für andere Lebende.