Regenbogenflagge
Reuters/Ann Wang
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Gesellschaft

Theologin sieht Nachholbedarf bei „Thema Trans“

Kirche und Theologie haben Nachholbedarf beim „Thema Trans“, so die Wiener Theologin Stephanie Bayer. Sie fordert eine „interdisziplinäre, zeit- und menschengerechte Auseinandersetzung“ damit.

Hierbei sollten die Perspektiven der betroffenen Personen und deren Biografien ein zentraler Ausgangspunkt aller Überlegungen sein. „Denn auch die Nöte und Hoffnungen von trans* Personen haben eine theologische Bedeutung“, schrieb Bayer in einem Beitrag für den Blog theocare.network des Instituts für Praktische Theologie der Uni Wien.

Im Vorfeld der 25. Regenbogenparade am 19. Juni im Rahmen der Vienna Pride 2021 wies sie darauf hin, dass Betroffene nach wie vor Unterdrückung und Diskriminierung ausgesetzt seien.

Unterdrückt und diskriminiert

Bayer erinnerte an eine Studie der OECD aus dem Vorjahr, wonach zwar alle 27 berücksichtigten Staaten in den letzten 20 Jahren Fortschritte hinsichtlich der gesellschaftlichen Gleichstellung von LGBTIQ-Personen machten, doch weiterhin großer Aufholbedarf hinsichtlich des Schutzes deren Rechte bestehe.

Auch für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Heterosexuelle, Trans-, Cis-, Intersexuelle und queere Personen müsse der 1965 in der Konzilskonstitution „Gaudium et spes“ formulierte Anspruch gelten, als Kirche „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art“ zu teilen. Eine umfassende theologische Reflexion stehe jedoch „definitiv noch aus“.

Bisher seien keine offiziellen vatikanischen Dokumente zum Thema Trans* veröffentlicht worden. Aussagen zu angrenzenden Themengebieten wie z. B. die Warnung vor einer „Gender-Ideologie“ würden aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren, bedauerte die Theologin.

Nicht zu Stigmatisierung beitragen

Die Theologin verwies auf Kritiker an diesbezüglichen naturrechtlichen Argumentationslinien und am Negieren der Humanwissenschaften durch das kirchliche Lehramt, die „eine Pathologisierung, Diskriminierung und Stigmatisierung geschlechtlicher Minderheiten zur Folge haben können“.

Damit verbundene Ausschlüsse bestimmter Gruppen bezögen sich nicht nur auf die innerkirchliche Ebene, sondern hätten auch negative Auswirkungen auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen bzw. unterstützten unterdrückende Systeme.

Lebensgeschichten ernsthaft widmen

Dass sich Kirche, Pastoral und Theologie „notwendigerweise verändern und verändern müssen“, wenn sie sich den Lebensgeschichten von „trans* Menschen“ ernsthaft widmen, zeigt Bayer selbst in ihrer Dissertation auf: Es sei erforderlich, deren Erfahrungen wie auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die diese Erfahrungen bedingen, sichtbar zu machen.

Mit dem Titel ihres Blog-Beitrags „Your stories matter“ (dt.: eure [Lebens-]Geschichten zählen) – einem Zitat der US-Schauspielerin und Aktivistin für Trans-Rechte Laverne Cox – unterstrich die Theologin die geforderte Solidarität mit Betroffenen.