Ein großer Bildschirm mit der Islamlandkarte
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Konflikt

„Islam-Landkarte“ wieder online: Kritik von IGGÖ

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) hat mit Kritik auf die neuerliche uneingeschränkte Veröffentlichung der „Islam-Landkarte“ reagiert. Das Onlinestellen der höchst umstrittenen Karte hatte Aktionen Rechtsradikaler gegen muslimische Einrichtungen zur Folge.

IGGÖ-Präsident Ümit Vural erklärte in einer Aussendung: „Die HerausgeberInnen halten verbissen an einem Projekt fest, dessen Auswirkungen nicht nur zu erwarten gewesen, sondern mittlerweile täglich zu beobachten sind und setzen damit Gotteshäuser einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft und ihre AnhängerInnen wissentlich einer Gefahr aus.“

Rechtsradikale hatten „Warnschilder“ in der Nähe von islamischen Einrichtungen aufgestellt. Diese trugen die Aufschrift „Achtung! Politischer Islam in deiner Nähe“ und verwiesen auf die Landkarte. Nach den Aktionen Rechtsradikaler war überlegt worden, dass die Suchfunktion nur nach Registrierung genutzt werden kann. Dies ist zumindest vorerst nicht der Fall.

Um mehr Polizeischutz angesucht

Die IGGÖ habe prompt um vermehrten Polizeischutz ihrer Moscheen ansuchen müssen, sagte Vural. Auch Musliminnen und Muslime sowie „als muslimisch gelesene Personen“ würden sich seither einem Anstieg an Anfeindungen auf offener Straße und im Internet ausgesetzt sehen.

IGGÖ-Chef Ümit Vural
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IGGÖ-Präsident Ümit Vural

Staatsanwaltschaft betraut

Die IGGÖ habe bereits Anfang Juni eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht und ihre Einrichtungen dabei unterstützt, von ihrem Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde Gebrauch zu machen, um die Löschung ihrer Daten zu erwirken. Vural forderte einmal mehr die dauerhafte Deaktivierung der Website.

„Problematisch sind dabei nicht nur datenschutzrechtliche Aspekte, sondern vor allem die Einbettung in die Arbeit einer Institution, die vorgibt, sich auf wissenschaftlicher Basis und ohne politische Einflussnahme mit Extremismus und Radikalisierung auseinandersetzen zu wollen“, so Vural. Nicht ohne Grund habe die Universität Wien die Verwendung ihres Logos auf der Webseite untersagt. Die „Islam-Landkarte“ wurde als Projekt der Dokumentationsstelle Politischer Islam vorgestellt.

Projekt „unverantwortlich“

Für Valerie Mussa, Sprecherin der IGGÖ, ist es ungeheuerlich, dass die „Islam-Landkarte“ trotz heftiger Kritik wieder im Netz zu finden ist: „Nach der massiven Kritik von allen Seiten, dem Untersagen des Logos der Universität Wien durch den Rektor und dem evidenten Anstieg muslimfeindlicher Attacken auf Privatpersonen und Moscheen ist es für uns unverständlich und unverantwortlich, dass diese ‚Islam-Landkarte‘ wohlwissend um die Auswirkungen wieder online gestellt wurde. Die Islamische Glaubensgemeinschaft fordert weiterhin, dass sie dauerhaft vom Netz genommen wird, um Hass und Hetze ein Ende zu setzen.“

Adressen und Links zu Moscheen

Auf der „Islam-Landkarte“ wird unter anderem angeführt, zu welchem Verein bzw. zu welcher Gemeinschaft eine Moschee zählt und wann sie gegründet wurde, teilweise mit Links zu den Social-Media-Seiten der Einrichtung und Angabe der Adresse. Viele Musliminnen und Muslime, aber auch Vertreterinnen und Vertreter der evangelischen sowie der katholischen Kirche reagierten mit Kritik.

Wiens katholischer Erzbischof Christoph Schönborn sprach sich für einen Religionsatlas aus, der die Einrichtungen aller Konfessionen umfassen sollte. Nicht einsehbar war für ihn, warum gerade eine Religion herausgepickt worden sei.

Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) forderte zuletzt in einem offenen Brief die dauerhafte Löschung der „Islam-Landkarte“. Prominente Unterstützung erhält sie dabei aus Kunst, Wissenschaft, Politik und religiösen Jugendvertretungen.

Eingeschränkter Zugang

Die Seite mit der „Islam-Landkarte“ war zuletzt knapp zwei Wochen nur eingeschränkt verfügbar. Sie war zwar nicht offline, die Suchfunktion aber außer Betrieb. Begründet wurde das mit dem Wechsel des IT-Betreibers.

In Schutz nahm das Projekt mit Vehemenz die ÖVP, allen voran die für den Kultusbereich zuständige Kanzleramtsministerin Susanne Raab. Der Koalitionspartner, also die Grünen, lehnen die „Islam-Landkarte“ allerdings ab.

Aslan verteidigt Projekt

Projektleiter Ednan Aslan verteidigte das von ihm initiierte Projekt. In einer schriftlichen Stellungnahme wies er Vorwürfe zurück und nannte die Kritik „unsachlich“. Die Islamfeindlichkeit sei nicht durch die „Islam-Landkarte“ entstanden, sie habe „ganz andere Hintergründe“. Und die Angriffe auf die Moscheen, „die ich aufs Schärfste zurückweise“, mit der Landkarte in Verbindung zu bringen, sei „ein Zeichen der Verantwortungslosigkeit“.

Die Sichtbarkeit der Muslime könne kein Grund für die islamfeindliche Angriffe sein – und bei der Landkarte gehe es „einzig und alleine um Transparenz und Sichtbarkeit“. Denn Muslime und Musliminnen seien fester Bestandteil dieser Gesellschaft und hätten keinen Grund, ihre Einrichtungen zu verstecken, meinte Aslan. Er berichtete, es habe Einschüchterungsversuche durch Morddrohungen gegen ihn gegeben. Daran könne man sehen, dass es sich nicht um eine sachliche Debatte handle, sondern „um einen innerislamischen Kampf um die Deutungshoheit“ über die Musliminnen und Muslime in Österreich.