Syrien

NGO: Aleppo steht vor Hungerkatastrophe

Nach den Bomben und dem Coronavirus kommt jetzt der Hunger in die nordsyrische Stadt Aleppo. Mehr und mehr Menschen hätten nicht einmal mehr das Nötigste zum Essen, so das in Linz ansässige Hilfswerk Initiative Christlicher Orient (ICO) am Dienstag in einer Aussendung.

In dieser absoluten Notsituation hat die ICO gemeinsam mit den Franziskanern in Aleppo das Projekt einer Suppenküche gestartet. Damit sollen in einem ersten Schritt tausend besonders bedürftige Menschen einmal täglich mit einer warmen Mahlzeit versorgt werden.

Viele Tausend weitere würden freilich ebenso Hilfe benötigen, so ICO-Obmann Slawomir Dadas in der Aussendung. Die einfache Bevölkerung zahle die Zeche für den nach wie vor ungelösten Syrien-Konflikt. Der Krieg habe das Land weitgehend zerstört, und die internationalen Wirtschaftssanktionen hätten schließlich den Alltag für die Menschen zum reinen Überlebenskampf gemacht, so der ICO-Obmann.

„Nur Absichtserklärungen“

Dadas ließ seinem Ärger freien Lauf: „Weder die Europäische Union noch die Weltgemeinschaft haben scheinbar ein Interesse daran, den Konflikt zu lösen, weil sie möglicherweise einige ihrer Wirtschaftspartner wie Russland, Saudi-Arabien oder Israel verärgern würden. Wie viele Menschen müssen noch verhungern, damit die Damen und Herren der Weltpolitik, die sich so oft als Hüter der Demokratie und der Gerechtigkeit bezeichnen, aufwachen und mehr tun, als nur Absichtserklärungen zu produzieren?“

Syrerinnen und Syrer bereiten Essen für Bedürftige zu, Aleppo
APA/AFP
Essen für Bedürftige in Aleppo

Die ICO könne keine politischen Lösungen anbieten, aber Zuschauen beim Verhungern der Menschen sei jedenfalls keine akzeptable Alternative. Dadas: „Auch wenn die Welt beim Verhungern zuschaut, wir tun dies nicht. Ich lade alle Menschen guten Willens dazu ein, nicht auf die zu warten, die sich ihre Bäuche bei Banketten in Brüssel, Straßburg, Moskau oder Washington vollschlagen, sondern jetzt etwas zu tun, um ein klares und konkretes Zeichen gegen die Hungerkatastrophe in Syrien zu setzen.“

Monatelange Dürre

Wie dramatisch die Situation ist, hat dieser Tage auch ein Hilferuf der UNO-Landwirtschaftsorganisation FAO verdeutlicht. Syriens Hungerkrise drohe sich wegen einer monatelangen Dürre weiter zu verschlimmern, hieß es darin. Nach Angaben des Welternährungsprogramms WFP haben mehr als zwölf Millionen Syrerinnen und Syrer schon jetzt nicht genug zu essen.

Rund 70.000 Euro hat die ICO bisher an Spenden für das Hilfsprojekt sammeln können. Weitere Spenden werden aber dringend benötigt, um die Versorgung der Menschen längerfristig zu sichern. Für eine warme Mahlzeit werden zwei Euro benötigt, mit 60 Euro kann eine Familie eine Woche versorgt werden, mit 240 Euro einen Monat.

Die Initiative Christlicher Orient unterstützt seit mehr als 30 Jahren die Christen und Christinnen im Orient. Zahlreiche Hilfsprojekte werden jedes Jahr in Syrien, im Irak, im Libanon, in Palästina und in Jordanien umgesetzt. Zudem informiert die ICO über die Kirchen bzw. Christen im Nahen Osten und die gesellschaftlichen und politischen Vorgänge vor Ort.