Missbrauch

Vatikan-Staatsanwaltschaft fordert Haft für Priester

Bei dem im Vatikan laufenden Prozess gegen zwei Priester wegen sexuellen Missbrauchs in einem Jugendseminar, hat die vatikanische Staatsanwaltschaft eine sechsjährige Haftstrafe für einen 29-jährigen Priester gefordert.

Er wird für Missbrauch in einem Knabenseminar im Vatikan verantwortlich gemacht. Für einen 71-jährigen Ex-Leiter des Vorseminars, der sich vor dem vatikanischen Gericht wegen Beihilfe verantworten muss, wurde eine vierjährige Haftstrafe gefordert.

Die beiden Angeklagten wurden von zwei Anwältinnen verteidigt. Das Verteidigungsplädoyer wird für Freitagnachmittag erwartet. Noch unklar ist, wann das Urteil gefällt wird. Ein Prozess wegen derselben Vorwürfe läuft auch vor einem Gericht in Rom.

Ermittlungen seit 2017

Hintergrund des Prozesses ist ein 2017 erschienenes Buch des italienischen Enthüllungsjournalisten Gianluigi Nuzzi über Verfehlungen in der römisch-katholischen Kirche. Die Ermittlungen im Vatikan laufen, seit Nuzzis Buch mit dem Titel „Peccato originale“ (Erbsünde) im November 2017 erschienen ist.

In dem Buch schreibt der Journalist unter anderem, ein früherer Seminarist und heutiger Priester habe in dem Knabenseminar St. Pius X. einen Priester beim Oralsex mit einem Mitbewohner gesehen. In dem im Vatikan gelegenen Seminar werden Buben im Alter von elf bis 14 Jahren auf eine mögliche spätere Ausbildung als Priester vorbereitet.

Papst setzte sich für Verfahren ein

Der vatikanische Staatsanwalt hatte im September 2019 den Prozess gegen die beiden Angeklagten angestrengt. Der Papst habe sich persönlich dafür eingesetzt, damit es zu einem Verfahren komme, wie italienische Medien berichteten.

Die Vorwürfe basieren unter anderem auf Aussagen eines ehemaligen polnischen Ministranten. Dieser hatte berichtet, in einem Vorseminar im Vatikan von dem Seminaristen missbraucht worden zu sein. Dieser habe auch einen weiteren Ministranten missbraucht, berichtete der Pole. Er war 13 Jahre alt, als er erstmals missbraucht wurde. Der Pole hatte berichtet, dass er seinem spirituellen Pater über die Vorfälle erzählt habe. Es seien jedoch keine Maßnahmen ergriffen worden, außer, dass der Ministrant aus dem Vorseminar entfernt wurde.

Seminar soll verlegt werden

Papst Franziskus hatte Medienberichten zufolge im Mai 2021 beschlossen, das Knabenseminar neben dem Petersdom aus dem Vatikan-Staat hinausverlegen. Diese Entscheidung habe er den Verantwortlichen bereits mitgeteilt, berichtete die römische Zeitung „Il Messaggero“ damals – mehr dazu in Zeitung: Papst verlegt Knabenseminar aus Vatikan.