Deutschland

Kritik an kirchlicher Missbrauchsaufarbeitung

Die Kommissionen zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in den römisch-katholischen Bistümern in Deutschland kommen nur langsam in Gang. Kritik kommt von der Betroffeneninitiative „Eckiger Tisch“. Sie fordert staatliche Eingriffe bei der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, geht laut einer Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) davon aus, dass erst „bis zum Jahresende in allen Diözesen Kommissionen und Strukturen der Betroffenenbeteiligung eingerichtet sein werden“. Er sei aber zuversichtlich – „auch wenn es ein langer und nicht immer einfacher Weg war und ist“. Mehr als ein Jahr nach einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Missbrauchsbeauftragten gibt es laut DBK inzwischen „in den meisten Diözesen“ eine unabhängige Kommission – aber noch nicht in allen.

In 13 ist die Einrichtung der Kommissionen demnach „weitestgehend oder gänzlich abgeschlossen“. Einzelne Bistümer hätten Sonderwege mit Rörig vereinbart. Bislang sei nur in zehn Diözesen ein Betroffenenbeirat eingerichtet worden oder stehe kurz vor der Einrichtung. Fünf Bistümer wollen auf „alternative Formen der Betroffenenbeteiligung“ setzen.

Betroffene „enttäuscht und desillusioniert“

„Es ist ein Skandal, dass es bis heute weder eine Beratungs- und Anlaufstelle für die Opfer der Kirche gibt noch eine Finanzierungslösung für die Selbsthilfe- und Selbstorganisationsversuche, mit denen Betroffene seit 2010 sich versuchen Gehör zu schaffen“, sagte der Sprecher der Initiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sind enttäuscht und desillusioniert über die Geschwindigkeit, mit der Aufarbeitungsprojekte in der katholischen Kirche auf den Weg gebracht werden.“

Vor rund einem Jahr hatte der Ständige Rat der DBK sich mit dem Missbrauchsbeauftragten auf eine „Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland“ geeinigt und beschlossen, unabhängige Aufarbeitungskommissionen in allen 27 Bistümern einzusetzen. Rörig sprach damals von einer „historischen Entscheidung“. Katsch sagte dagegen: "Die „Gemeinsame Erklärung" allein reicht jedenfalls nicht aus, wie sich jetzt nach über einem Jahr gezeigt hat.“