Kardinal Giovanni Angelo Becciu
Reuters/Guglielmo Mangiapane
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Finanzskandal

Korruptionsprozess im Vatikan gestartet

Im Vatikan hat am Dienstag ein Korruptionsprozess gegen den einst mächtigen Kardinal Angelo Becciu und neun weitere Angeklagte begonnen. Dem 73-Jährigen werden Veruntreuung, Amtsmissbrauch und Zeugenbeeinflussung vorgeworfen.

Die Angeklagten erschienen in der Früh in einem behelfsmäßigen Gerichtssaal, der für das Verfahren in den vatikanischen Museen eingerichtet wurde. Das dreiköpfige Richterkollegium steht unter der Leitung von Gerichtspräsidenten Giuseppe Pignatone, der zu den angesehensten italienischen Staatsanwälten zählt. Er war 2019 von Papst Franziskus zum Präsidenten des vatikanischen Gerichts ernannt worden.

Die 487 Seiten umfassende Anklageschrift in dem Großprozess schildert dubiose und riskante Investitionen von vatikanischen Geldern in Millionenhöhe. Auch Details wie der Austausch von Säcken mit Bargeld und Geheimtreffen in Luxushotels werden darin geschildert. Die Ankläger sprechen von einem „räuberischen und einträglichen System“, das durch „Komplizenschaft und Duldung“ ermöglicht worden sei.

Zahlreiche Angeklagte

Zu den weiteren Angeklagten zählt der ehemalige Leiter der vatikanischen Finanzinformationsbehörde (AIF), der Schweizer René Brülhart. Ihm und dem Investmentfondsmanager Enrico Crasso wird ebenfalls Machtmissbrauch vorgeworfen.

Auch der ehemalige AIF-Direktor Tommaso Di Ruzza muss sich dem Gericht im Vatikan stellen. Einzige angeklagte Frau ist Cecilia Marogna, Vertraute von Kardinal Becciu. 2015 erhielt sie von Becciu Hunderttausende Euro – angeblich für Wohltätigkeitszwecke. Allerdings gab Marogna einen Großteil des Geldes für private Luxusgüter aus.

Kardinal beteuert Unschuld

Es ist das erste Mal in der jüngeren Geschichte des Vatikans, dass ein Kardinal von der vatikanischen Strafverfolgungsbehörde angeklagt wurde. Becciu musste im vergangenen September von seinem einflussreichen Posten im Vatikan zurücktreten. Papst Franziskus hatte den Vizechef des vatikanischen Staatssekretarias wegen des Verdachts entlassen, Geld aus Wohltätigkeitsfonds für Verwandte abgezweigt zu haben. Der Kardinal hat wiederholt seine Unschuld beteuert und bezeichnet sich selbst als Opfer einer Verschwörung.

Als Konsequenz aus dem Immobilienskandal hatte Franziskus im vergangenen November dem Staatssekretariat des Vatikans die Finanzhoheit entzogen. Für die Verwaltung von Vermögen und Immobilien der Spitzenbehörde ist nun die vatikanische Güterverwaltung Apsa zuständig.