Salzburg

Jesuit Mertes mit Theologischem Preis geehrt

Der Theologische Preis der Salzburger Hochschulwochen ist am Mittwochabend in Salzburg an den deutschen Jesuiten Klaus Mertes verliehen worden. Der renommierte Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.

Die Auszeichnung würdigt das theologische Lebenswerk des Jesuiten, der dadurch bekannt wurde, dass er 2010 als damaliger Schulleiter des Berliner Canisius-Kollegs einen Missbrauchsskandal öffentlich gemacht hatte. Dies löste in Folge eine große Debatte über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche aus und führte zur Aufdeckung weiterer Fälle auch in nicht-kirchlichen Einrichtungen.

Die Verleihung stellte zugleich den Auftakt zur diesjährigen „Salzburger Hochschulwoche“ statt, die bis 8. August unter dem Titel „Was hält uns (noch) zusammen? Über Verbindlichkeit und Fragmentierung“ steht. Sie wurde via Livestream übertragen.

Missbrauchsskandal öffentlich gemacht

Verliehen wurde der Preis in der historischen Bibliotheksaula der Universität Salzburg in Anwesenheit u. a. von Erzbischof Franz Lackner, Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf, dem Rektor der Universität Salzburg, Hendrik Lehnert, dem Vorsitzenden der Salzburger Äbtekonferenz, Abt Theodor Hausmann, dem Erzabt der Abtei St. Peter, Korbinian Birnbacher, dem Münchener Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, sowie dem Laudator, dem Präsidenten des deutschen Zentralrats der Katholiken, Thomas Sternberg.

Jesut Klaus Mertes, Dankesrede zur Verleihung des Theologische Preises der Salzburger Hochschulwochen
Kathpress/Henning Klingen
Jesuit Klaus Mertes: Auch auf die „hässliche Seite der Kirche“ schauen

Bei seiner Begrüßung zitierte der Obmann der Hochschulwochen, Martin Dürnberger, aus der Jury-Begründung: diese würdige mit dem Preis nicht nur Mertes’ Durchbrechen von Schweigespiralen beim Thema Missbrauch, sondern auch „seine beharrliche Reflexion auf die systemischen Ursachen und deren Bearbeitung“ sowie „den klaren Ton, den er dabei anschlägt“. All das trage „das ignatianische Profil einer Unterscheidung der Geister, die in einem hochsensiblen Feld eingespielt wird und die diskursive Standards in der Theologie und darüber hinaus setzt“, so die Begründung der Jury.

Laudator: Kirche schuldet Mertes Dank

Thomas Sternberg würdigte Mertes in seiner Laudatio für dessen unerlässlichen Beitrag zur Aufarbeitung des schon vor 2010 immer wieder thematisierten, doch nie in seinem ganzen Ausmaß sichtbar gewordenen kirchlichen Missbrauchsskandals. Mertes habe immer wieder Mut bewiesen und dazu beigetragen, dass „Geheimhaltungen und fehlende Strategien“ überwunden wurden, so Sternberg.

Im Hintergrund stehe bei Mertes dabei nicht nur eine ignatianische Spiritualität und praxissatte Frömmigkeit, sondern auch ein an der Befreiungstheologie geschulter Blick für die Armen und Opfer.

„Transparenz statt Geheimhaltung, Opfer- statt Institutionenorientierung, Zusammenarbeit mit der Öffentlichkeit statt innerkirchlicher Abriegelung, Selbstkritik aller Beteiligten statt selbstgerechter Übertragung auf eine Tätergruppe“ – dies seien die Aufgaben, die sich heute kirchlicherseits Dank des Einsatzes von Mertes stellen würden. Mertes sei damit für viele Menschen zu einem „Vorbild aus dem Geist des Evangeliums“ geworden. Die katholische Kirche in Deutschland und darüber hinaus habe daher letztlich „allen Anlass, ihm für seinen Mut zu danken“, so Sternberg.

„Dialog braucht unabhängige Instanz“

In seinen Dankesworten unterstrich Mertes die Notwendigkeit, eine sowohl von der Täter- als auch von der Opferseite unabhängige Instanz zu schaffen. Nur so könne es irgendwann gelingen, „das Eckige der Konfrontation mit dem Runden der Kooperation irgendwie in Verbindung zu bringen“ und zwischen beiden Seiten eine tragfähige Kommunikationsbasis zu schaffen. Für die Kirche bleibe die Aufgabe gestellt, „auf sich selbst zu blicken, aber nicht narzisstisch verklärend, sondern eben auf die hässliche Seite der Kirche“.

„Gottesvertrauen wurde missbraucht“

Auf diesem Weg gebe es seitens der katholischen Kirche jedoch weiterhin zahlreiche Stolpersteine, so Mertes: etwa das Fehlen einer kirchlichen Sprache, die Brücken zu den Opfern baut, statt Traumata auszulösen; oder die fortbestehende Versuchung eines klerikalen Machtmissbrauchs, durch den jegliche Bemühungen „kontaminiert und vergiftet“ würden: „Kinder und Jugendliche wurden von Inhabern der Aura geistlicher Macht in Fallen geführt, ihr Gottesvertrauen wurde missbraucht, in dem die Täter es auf ihre Person lenkten und dann nutzten. Dieses perverse Spiel hört in der Phase der Aufarbeitung nun nicht einfach auf.“

Klaus Mertes wurde am 18. August 1954 in Bonn geboren. Er studierte Slawistik und Klassische Philologie. Mit 23 Jahren trat er in Münster in den Jesuitenorden ein und schloss Studien der Theologie und Philosophie an. 1986 wurde er zum Priester geweiht. Von 2000 bis 2011 war er Rektor des Berliner Canisius-Kollegs. Von 2011 bis 2020 war Mertes Direktor des Kolleg St. Blasien im Schwarzwald. Seither befindet er sich in einer Sabbatzeit. Im Anschluss will er in die Seelsorge gehen.