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Ethiker: Dauerhafte Gratistests „nicht gerecht“

Nachdem es mittlerweile genügend Impfstoff für die gesamte Bevölkerung gibt, sei es „eine Frage der Solidarität, aber auch der Gerechtigkeit, den Druck auf diejenigen, die sich nach wie vor nicht impfen lassen wollen, zu erhöhen“, so der Wiener Medizinethiker und evangelische Theologe Ulrich Körtner.

Das sagte er am Donnerstag auf Kathpress-Anfrage zur aktuellen Debatte rund um das mögliche Ende der Gratis-Coronavirus-Tests. Solche Tests seien bei der Bekämpfung der Pandemie nur eine „Brückentechnologie“ auf dem Weg zu flächendeckenden Impfungen.

Das gelte freilich nicht für Menschen, denen es aus bestimmten Gründen unmöglich ist, sich impfen lassen. Für diese Gruppe müsse es natürlich weiterhin die Möglichkeit geben, sich kostenfrei testen zu lassen, so Körtner.

Hohe Kosten für alle

Sowohl Impfungen als auch Testungen werden bisher flächendeckend kostenlos angeboten. „Beides ist mit hohen Kosten verbunden, für die letztlich alle Bürger aufkommen müssen, sei es über Steuern, sei es über die Krankenkassenbeiträge“, so Körtner. Es sei nicht gerecht, dass die Allgemeinheit weiterhin für regelmäßige Tests von Impfunwilligen aufkommt, zumal die Impfung zum einen die weitaus wirksamere Strategie sei und zum anderen auch die kostengünstigere.

Der evangelische Theologie und Medizinethiker Ulrich Körtner
Kathbild/Franz Josef Rupprecht
Medizinethiker Körtner hält es für nicht gerecht, dass die Allgemeinheit weiterhin für regelmäßige Tests aufkommt

Darüber hinaus widerspreche es der Forderung nach einem sorgsamen Umgang mit Ressourcen im Gesundheitswesen, laufe somit dem Gerechtigkeitsprinzip im solidarisch finanzierten Gesundheitswesen zuwider und fördere auch noch ein egoistisches Verhalten, gab der Medizinethiker zu bedenken.

Gründe für Impfunwilligkeit eruieren

Als „flankierende Maßnahme“ ist für Körtner auch eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen – Gesundheitsberufe, Lehrkräfte oder andere körpernahe Berufe wie Friseurinnen und Friseure oder Fußpflegende – „kein Tabu“. Insgesamt sollte das Gewicht der Bemühungen, die Impfquote zu erhöhen aber nach wie vor in erster Linie auf Aufklärung, Überzeugungsarbeit und gewissen Anreizen bestehen.

Klar abzulehnen seien in diesem Zusammenhang allerdings Geldanreize, so der Theologe. Es sei aber weiterhin wichtig, die Gründe zu eruieren, warum sich Menschen nicht impfen lassen wollen. Körtner verwies in diesem Zusammenhang auf eine Studie des Austrian Corona Panel Project (ACPP) an der Universität Wien.

Prinzip der Verhältnismäßigkeit

Es gebe zwar grundsätzlich ein Recht auf gesundheitsgefährdendes Verhalten und keine Verpflichtung, Menschen in allen denkbaren Fällen vor sich selbst zu schützen. Das gelte aber nur, wenn durch ihr Verhalten keine Dritten gefährdet werden, betonte Körtner.

„Hier gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Das sehe ich bei einer Regelung, wonach Impfunwillige künftig ihre Tests selbst zahlen sollen oder möglicherweise auch andere Einschränkungen in Kauf nehmen müssen, gewahrt“, so der Wiener Medizinethiker abschließend.