Rabbiner Walter Homolka, Rektor des Abraham Geiger Kollegs in Potsdam
APA/dpa-Zentralbild/Ralf Hirschberge
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Judentum

Erste Hochschulsynagoge Deutschlands eröffnet

An der deutschen Universität Potsdam ist am Mittwoch das Europäische Zentrum Jüdischer Gelehrsamkeit mit Rabbinerausbildung und Synagoge eröffnet worden. Es handelt sich um die erste Hochschulsynagoge Deutschlands.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte die neue Einrichtung als „Geschenk für unser Land“. Es sei eine „Ausbildungsstätte, die weit über die Grenzen ausstrahlt“ und „als weit geöffnetes Haus jüdischen Lebens“ auch Menschen anderen Glaubens anziehe und neugierig auf Begegnungen mache, betonte Steinmeier laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) bei der Eröffnung vor rund 250 Gästen aus Politik, Religion und Gesellschaft.

Zugleich mahnte das deutsche Staatsoberhaupt mehr gesellschaftlichen Einsatz und Zivilcourage gegen Antisemitismus an. „Es schmerzt mich und macht mich zornig, dass sich Antisemitismus, antisemitischer Hass und Hetze in Deutschland, ausgerechnet in Deutschland, wieder offen zeigen, schon seit Jahren“, so Steinmeier. „Es kann für uns Deutsche nur eine Antwort geben. Wir, jeder Einzelne und wir als ganze Gesellschaft dulden keinerlei Antisemitismus.“

Ausbildung für angehende Rabbiner

Die neue Bildungsstätte umfasst die School of Jewish Theology an der Universität Potsdam sowie die Rabbinerseminare Abraham Geiger Kolleg und Zacharias Frankel College. Eingeschrieben sind derzeit rund 80 Studierende; von ihnen streben 31 ein Rabbinat oder ein Kantorat an. Es entstand zudem eine Synagoge, der erste Neubau eines jüdischen Gotteshauses in Potsdam nach dem Holocaust. Die Kosten des Projekts liegen laut Universität bei rund 13,5 Millionen Euro.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte: „Wir sind zu Recht stolz auf die Traditionen jüdischer Gelehrsamkeit in unserem Land.“ Die Kooperation zwischen akademischer und rabbinischer Ausbildung in dem Potsdamer Zentrum sei für alle ein Gewinn. Mit der Eröffnung „setzen wir ein wichtiges Zeichen des Glaubens an die Zukunft des jüdischen Lebens in Deutschland.“

„Kraftvolles Zeichen“ für jüdisches Leben

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte, Brandenburg sei stolz auf die Eröffnung: „Es ist ein kraftvolles Zeichen für selbstbewusstes jüdisches Leben in unserem Land.“ Der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, sagte: „Mit dem heutigen Festakt findet eine wunderbare Entwicklung ihren vorläufigen Abschluss: die Einrichtung des Fachs Jüdische Theologie an der Universität Potsdam.“ Es sei die richtige Verortung für die akademische Theologie, die hier ins „physische und intellektuelle Miteinander“ mit anderen Disziplinen kommen könne.

Die Eröffnung des neuen Zentrums stieß auch bei den Kirchen auf ein positives Echo. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, schrieb in einem Grußwort: „Wir brauchen eine starke öffentliche Sichtbarkeit des Judentums in Deutschland auch auf den Ebenen akademischer Theologie.“ Eine öffentliche Theologie des Judentums verspreche einen „wichtigen und unverzichtbaren Beitrag“ zum gesellschaftlichen Leben in Deutschland.

„Geistige Renaissance“ nach Schoah

Der EKD-Ratsvorsitzende zeigte sich überzeugt, dass „die Theologie des Judentums wichtige Beiträge zu unseren gesellschaftlichen Debatten liefern wird, sei es in Fragen der Bioethik, der Friedensethik oder der Ethik eines guten Lebens, das die Zerstörung der außermenschlichen Natur überwindet“.

Der Präsident der katholischen EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Jean-Claude Hollerich, erklärte in seinem schriftlichen Grußwort, das Zentrum sei weit über die EU hinaus vernetzt und ein „zentraler Ort in Europa für die geistige Renaissance jüdischen Lebens nach der Schoah“. Weiter schrieb der Erzbischof von Luxemburg: „In unserer pluralistischen Gesellschaft brauchen künftige Geistliche die Begegnung mit den anderen Religionen.“ Das Abraham Geiger Kolleg und die School of Jewish Theology hätten sich zu einem „herausragenden Platz als Ort des Gesprächs mit anderen Religionen und mit den Geisteswissenschaften“ entwickelt, aber auch für den Austausch mit der säkularen Welt.