Kirchenbänke im Stephansdom
ORF.at/Michael Baldauf
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Katholiken

Missbrauch: Bischofskonferenz aktualisiert Richtlinien

Die Österreichische Bischofskonferenz hat ihre seit 2010 gültigen Richtlinien gegen Missbrauch und Gewalt zum zweiten Mal überarbeitet und veröffentlicht. Sie treten mit 1. September in Kraft und gelten wie bisher für den gesamten kirchlichen Bereich, sowohl für die hauptamtlichen als auch für die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Das berichteten APA und Kathpress am Dienstag. So wurden die Möglichkeiten, genaue Überprüfungen durchzuführen, erweitert. Andererseits können Verfahren verkürzt werden, wenn das im Interesse der Opfer ist. Neu eingerichtet wird ein „Beirat Opferschutz“.

Die in der Rahmenordnung enthaltene Verfahrensordnung regelt das Zusammenwirken verschiedener kirchlicher Einrichtungen: Neben den diözesanen Ombudsstellen als Erstanlaufstellen für Betroffene sind es die Diözesankommissionen, die Verdachtsfällen nachgehen und den Bischof, Ordinarius oder die Oberen und Oberinnen bei der Entscheidung beraten. Auch die Ordensverantwortlichen sind in genau geregelter Form in das Verfahren einbezogen.

Ombudsstelle entscheidet über Hilfe

Über finanzielle Hilfe und Therapiekosten entscheidet die „Unabhängige Opferschutzkommission“ unter dem Vorsitz der früheren steirischen ÖVP-Landeshauptfrau Waltraud Klasnic. Die Auszahlung der Mittel erfolgt über die kirchliche „Stiftung Opferschutz“. Die Verfahrensordnung regelt neben der Hilfe für Opfer auch die Vorgangsweise bei Beschuldigten sowohl hinsichtlich eines kirchenrechtlichen als auch eines staatlichen Strafverfahrens.

Im Sinne der Prävention werden laut Kathpress derzeit detaillierte Bestimmungen für die lokale, regionale und diözesanübergreifende Kinder- und Jugendarbeit erarbeitet. Diese sollen demnächst gesondert von der Bischofskonferenz und der Ordenskonferenz erlassen werden. Als neue Formen von Missbrauch bzw. Gewalt wird in der Rahmenordnung nun auch „Spirituelle Gewalt“ (auch als geistlicher Missbrauch bezeichnet) sowie Gewalt in digitalen Medien thematisiert.

Tausende Fälle

Seit 2010 hat die Opferschutzkommission 2.515 Fälle zugunsten von Betroffenen entschieden. Mit Stand vom 31. Mai 2021 sind 140 Fälle noch in Bearbeitung, in 215 Fällen wurden weder finanzielle Hilfe noch Therapie zuerkannt. Die Kirche hat alle Entscheidungen der Opferschutzkommission akzeptiert und umgesetzt.

Den Betroffenen wurden bisher in Summe 32,7 Mio. Euro zuerkannt, davon 25,9 Mio. Euro als Finanzhilfen und 6,8 Mio. Euro für Therapien. Bis zu 70 Prozent der Zahlungen werden von Ordensgemeinschaften geleistet.

Die meisten Vorfälle seien rechtlich verjährt und haben sich hauptsächlich in den 1960er- und 1970er-Jahren ereignet. 51,2 Prozent der Fälle sind vor 1970 geschehen, 32,3 Prozent in den 1970er-Jahren, 10,6 Prozent in den 1980er-Jahren, 4,1 Prozent in den 1990er-Jahren und 1,3 Prozent seit 2000. 0,5 Prozent der Fälle sind noch nicht zeitlich zugeordnet.