Papst Franziskus bei einem Besuch in der Roma-Siedlung Lunik IX in der ostslowakischen Stadt Kosice
APA/AP/Gregorio Borgia
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Slowakei-Reise

Besuch bei Roma: Papst kritisiert Ausgrenzung

Papst Franziskus hat die Ausgrenzung der Roma in der Slowakei kritisiert. „Man kann die Menschen nicht schematisieren. Um sie wirklich zu erkennen, muss man sie vor allem anerkennen“, sagte der 84-Jährige am Dienstag in seiner Ansprache in der ostslowakischen Stadt Kosice.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche verurteilte die Ansiedelung der Menschen in der umstrittenen Roma-Siedlung Lunik IX, einem wegen seiner katastrophalen Wohnzustände bekannten Viertel am Stadtrand. „Gettoisierung von Menschen bringt keine Lösung. Wenn man die Eingeschlossenheit schürt, bricht früher oder später Wut aus.“ Franziskus zufolge ist Integration der Weg für ein friedvolles Zusammenleben.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung empfingen den Papst, tanzten und jubelten ihm zu. In den einst als Arbeitersiedlung angelegten Plattenbauten leben zwischen 5.000 und 6.000 Menschen. Sie gelten als größte Wohnsiedlung der Roma-Minderheit in Mitteleuropa. Die Gebäude sind verschmutzt und heruntergekommen.

„Diffamierende Worten und Gesten“

Die Regierung siedelte später die Roma dort an. „Zu oft seid ihr schon Gegenstand von vorgefassten Meinungen und erbarmungslosen Urteilen, von diskriminierenden Stereotypen, von diffamierenden Worten und Gesten geworden“, sagte der Papst.

Kinder bei einem Besuch von Papst Franziskus in der Roma-Siedlung Lunik IX in der ostslowakischen Stadt Kosice
APA/AFP/Tiziana Fabi
Roma-Siedlung Lunik IX: Berüchtigt wegen katastrophaler Wohnzustände

Auf einer Bühne berichteten Bewohner von ihrem Leben in der nach einer Mondrakete benannten Siedlung aus kommunistischer Zeit. „Mein Mann und ich wollten dieses Viertel verlassen, aber wir wussten nicht wie“, erzählte eine Frau. Auf einem Platz zwischen den Plattenbauten rief der Papst den Menschen der Siedlung zu: „Niemand halte euch oder jemand anderen von der Kirche fern.“

Polit-Streit im Vorfeld

Bezeichnenderweise stritten slowakische Politiker im Vorfeld der Visite öffentlich darüber, wer „schuld“ daran sei, dass der „Schandfleck“ Lunik IX ins Reiseprogramm des Papstes aufgenommen worden war. Dagegen sehen die Vertreter des Salesianer-Ordens, die als Seelsorger direkt in der Siedlung tätig sind, darin eine für den gegenwärtigen Papst typische Ausrichtung der Kirche auf die Armen und Ausgegrenzten. Als Geistlicher in Buenos Aires hatte er wiederholt Elendsviertel besucht.

Seit 1989 versucht ein Team von Ordensleuten unter anderem, Kinder und Jugendliche von Lunik IX zum Schulbesuch zu motivieren und ihren Eltern bei der Arbeitssuche zu helfen. Dazu wurden ein kleines Sozialzentrum und 2010 eine Kirche errichtet.

Der verantwortliche Leiter dankte ausdrücklich all jenen, die den Menschen der Siedlung angemessene Arbeit und Entlohnung gäben. Das Gleiche gelte den Adoptiveltern, die ein Roma-Kind angenommen hätten, sowie allen, die – anders als der Staat – die Arbeit der Kirche vor Ort unterstützten und würdigten, so der Salesianer Peter Besenyei.

Franziskus reist zu Nationalheiligtum

Am letzten Tag seiner Slowakei-Reise will der Papst eine Messe im wichtigen Wallfahrtsort Sastin halten. Am Mittwoch feiern die gläubigen Katholikinnen und Katholiken in der Slowakei das Fest im Gedenken an die „sieben Schmerzen Mariens“. Vor der vormittäglichen Messe will das 84 Jahre alte Oberhaupt der katholischen Kirche mit Bischöfen am Nationalheiligtum beten.

Sastin als Stadtteil der knapp 5000 Einwohner zählenden Kleinstadt Sastin-Straze in der Westslowakei ist als Marien-Wallfahrtsort bekannt. Religiöses Zentrum des Ortes ist die Barockbasilika, die der Landesheiligen Maria von den Sieben Schmerzen geweiht ist. An dem Gedenktag kommen in der Regel viele Pilgerinnen und Pilger in den Ort. Die Kirche hat allerdings nicht nur Bedeutung für die römisch-katholische Gemeinde, sondern auch für die griechisch-katholische Eparchie, wie in den Ostkirchen ein Bistum bezeichnet wird.

Am Nachmittag will Franziskus in den Flieger zurück nach Rom steigen. Damit endet seine 34. internationale Reise.