„Religions for Future“

Kirchenvertreter rufen zu Klimakundgebung auf

Wie schon bei den bisherigen Klimastreiks der Bewegung „Fridays for Future“ können die Organisatorinnen und Organisatoren auch bei der nächsten globalen Kundgebung für Maßnahmen gegen die Erderwärmung mit breiter kirchlicher Unterstützung rechnen.

„Gehen Sie mit uns demonstrieren!“, rief etwa die Katholische Aktion der Erzdiözese Wien zur Beteiligung auf. Als Bündnis „Religions for Future“ werden am Freitag in der Wiener Praterstraße Vertreter von Kirchen und Religionsgemeinschaften zum Demonstrationszug stoßen, der sich um 12.00 Uhr vom Praterstern aus Richtung Heldenplatz in Bewegung setzt.

Im Vorfeld des Klimastreiks haben auch Umweltbischof Alois Schwarz (St. Pölten) und Jugendbischof Stephan Turnovszky (Wien) in Zeitungen zu Schöpfungsverantwortung aufgerufen. Außer in Wien sind auch in zwölf weiteren österreichischen Städten Kundgebungen geplant.

„Laudato si“-Gebet und Demo

Flutkatastrophen, Waldbrände, Hungersnöte und Fluchtbewegungen haben laut dem gemeinsamen Aufruf von 102 Organisationen – darunter zahlreiche kirchliche – den Sommer 2021 geprägt, in Zukunft seien Verschlimmerungen zu befürchten: „NOCH bleibt uns Zeit, das Schlimmste zu verhindern. Wenn wir jetzt gemeinsam laut sind und auf die Straße gehen!“

„Fridays for Future“-Kundgebung in Wien, September 2021
Reuters/Lisi Niesner
„Fridays for Future“-Kundgebung in Wien, September 2021

Vertreter von Religionen, Glaubensgemeinschaften und spirituellen Bewegungen treffen sich am Freitag ab 11.30 Uhr vor der Johann-Nepomuk-Kirche in Wien-Leopoldstadt. Nach einem kurzen Einstimmungsprogramm mit einem „Laudato si“-Gebet schließen sich die Gläubigen dem Demonstrationszug an. Die Route verläuft in Wien über die Praterstraße und den Ring bis zum Heldenplatz, wo um 15.00 Uhr die Abschlusskundgebung beginnt. Dort wird Ismael Ndao, Büroleiter des „Horizont3000“-Büros im Senegal, ein Statement halten.

„Enkeltaugliche Schöpfung hinterlassen“

Umweltbischof Schwarz appellierte in der „Kronen Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) zum Klimaschutz. „Die Ausbeutung der Welt auf Kosten der Zukunft“ müsse gestoppt werden. Jede und jeder einzelne könne dazu beitragen, „dass wir eine enkeltaugliche Schöpfung hinterlassen“. Als Beispiele nannte der St. Pöltner Bischof regionalen Einkauf und die Nutzung sanfter Mobilität. Auch gelte es „die Würde der uns anvertrauten Tiere zu achten“; denn Tierwohl sei letztlich auch Menschenwohl, erklärte Schwarz. Wie ihm selbst könne auch vielen anderen Gläubigen die Papst-Enzyklika „Laudato si“ zum „Leitfaden für ein achtsames Leben“ werden.

Er „brenne seit meiner Jugend für Nachhaltigkeit und Schöpfungsverantwortung“, schrieb auch der Weihbischof Stephan Turnovszky in der aktuellen Ausgabe der „Niederösterreichischen Nachrichten“ (NÖN). Als Unterstützer von „Fridays for Future“ und „Religions for Future“ störe ihn die Engführung des Umweltthemas auf CO2-Reduktion.

Zu beachten seien auch Themen wie der Energieverbrauch, die „horrende Bodenversiegelung“, die Verschwendung von Trinkwasser, Müllvermeidung oder der Erhalt naturnaher Lebensräume für Mensch, Tiere und Pflanzen. Und es sei noch viel zu wenig im Bewusstsein angekommen, dass der Einsatz von noch mehr Technik sicher nicht genüge, um den Herausforderungen zu begegnen, wie Turnovszky betonte. Es brauche auch Verzicht, konkret die Bereitschaft zur Reduktion des Energieverbrauchs.

Fachleute: Akuter Handlungsbedarf

Einen Appell zur Beteiligung am Klimastreik richtete auch Markus Gerhartinger, Sprecher der katholischen und evangelischen Umweltbeauftragten Österreichs, via Kathpress an die Christinnen und Christen. Wetterextreme in vielen Teilen der Welt, Waldbrände, Flutkatastrophen und Dürren hätten heuer verdeutlicht, dass der Klimawandel mittlerweile alle betreffe, so der Experte vor dem Hintergrund des weltweit wärmsten jemals gemessenen Sommers. Es bestehe akuter Handlungsbedarf, um dem Umstand gerecht zu werden, dass „uns die Erde anvertraut“ sei, so Gerhartinger.

Alleine dadurch, dass Millionen Menschen zwei- oder dreimal im Jahr protestieren, „ändert sich zunächst einmal gar nichts“, räumte der Präsident der Katholischen Aktion Wien, Walter Rijs, im Blick auf den Klimastreik ein. Aber die Proteste würden für einen wichtigen Aspekt sorgen: Aufmerksamkeit. Nur wenn es gelinge, die Aufmerksamkeit der Politik für die dramatische Situation des Weltklimas aufrechtzuerhalten, „werden die verantwortlichen PolitikerInnen (leider noch immer viel zu langsam) etwas dagegen tun“, schrieb Rijs in einem aktuellen Newsletter.

„Ökosoziale Umkehr vehement einfordern“

„Wann, wenn nicht jetzt und wer, wenn nicht wir?“, so die rhetorische Frage von Anja Appel, Leiterin der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission (KOO), mit Blick auf die Kundgebung am Freitag. Für die Zukunft der Kinder trügen die Erwachsenen von heute Verantwortung. „Wir müssen die ökosoziale Umkehr vehement einfordern und auch selber vorantreiben“, so Appel. „Dafür gehe ich auf die Straße.“

Unter den Kirchen und Religionsgemeinschaften, die den Klimastreik unterstützen, sind auch die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar Österreichs, die Caritas Wien, die Katholische Jugend Österreich, die Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis und die Evangelisch-methodistische Kirche.