Schutzengelfest

Schutzengel: Gottes geflügelte Helfer

Am Samstag begeht die katholische Kirche das Schutzengelfest. Seinen Ursprung hat der Schutzengelglaube im Judentum, doch auch Buddhismus und Islam kennen Wesen, die über jene, die an sie glauben, eine schützende Hand halten. Neu im Engelskosmos sind „Engelskarten“ für die tägliche spirituelle Orientierung.

Umfragen ergeben mit schöner Regelmäßigkeit, wie verbreitet der Glaube an die ephemeren Wesen ist: Bis zu zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher halten sie für „glaubhafter“ als die Heiligen – und sogar als Gott selbst.

Die Fundamentaltheologin Teresa Peter sieht hier die Gefahr einer „möglichen Schieflage“: „Engel sind Boten. In ihnen ist die Wirkmächtigkeit Gottes sichtbar“, sagte die Expertin für systematische und spirituelle Theologie im Gespräch mit religion.ORF.at. Das berge das Risiko, dass die Menschen, die in Notlagen Schutz suchten, „zu sehr an den Gestalten hängen bleiben“.

Schutzengel, Marcantonio Franceschini (1648–1729)
Public Domain/Wikipedia
Seit dem Jahr 1670 feiert die katholische Kirche am 2. Oktober das Schutzengelfest

Für Papst „keine Fantasiegeschöpfe“

Auch für Papst Franziskus sind Schutzengel offenbar keine Fantasiegeschöpfe. Gott schicke jedem Menschen nach kirchlicher Tradition einen Engel, damit er ihn begleite und beschütze, sagte der Papst anlässlich des Schutzengelfests 2014. Es gehe dabei um „die Wirklichkeit“ und nicht um eine „fantasievolle Lehre über Engel“, so Franziskus. Schutzengel seien ständige „Reisegefährten“ der Menschen. Zugleich empfahl er, ihren Rat stets zu befolgen.

Den Termin für das Schutzengelfest legte Papst Clemens X. im Jahr 1670 fest – verehrt wurden die menschenfreundlichen Geistwesen aber schon viel früher. Engel wurden – neben Heiligen – gern für Alltagsprobleme herangezogen, die man vielleicht für zu profan hielt, um Gott selbst damit zu behelligen. In der Alltagskultur spielt auch heute noch der Schutzengel eine wichtige Rolle bei der Abwehr des Bösen, besonders bei kleinen Kindern – vielen wurde und wird noch heute zur Taufe ein Schutzengel als Ketterlanhänger mitgegeben.

Theologin: „Menschen sind sinnliche Wesen“

Solche Gegenstände können eine Hilfe sein, sagte Theologin Peter: „Menschen sind sinnliche Wesen, und man kann sie auf sinnliche Weise ansprechen.“ Spirituell aufgeladene Dinge wie etwa eine kleine Marienstatue oder eben ein „beschützender“ Anhänger können Trost spenden.

Fundamentaltheologin Teresa Peter
Privat
Teresa Peter ist Fundamentaltheologin und Institutsleiterin am Institut für religionspädagogische Bildung Feldkirch der KPH Edith Stein

Das solle man „nicht verteufeln“, so Peter. Allerdings sehe sie eine gewisse Gefahr darin, in solchen „konkret gewordenen magischen Vorstellungen“ dann den Schutz selbst zu verorten. Im Sinne von „Gottes Macht hängt am Ketterl – es kommt auf den größeren Rahmen an, in den man das stellt“.

Schon im Alten Testament wimmelt es vor Engeln und Himmelsboten, so verspricht etwa Psalm 91,11-12: „Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.“ Auch das Neue Testament kennt zahlreiche Engel, und meistens greifen sie als Leitfigur oder eben schützend ein, so in Apg 12,7-15, wo Petrus von seinem Schutzengel aus dem Kerker befreit wird.

Islam: Engel begleiten und bewerten

Der Engel Gabriel, der Maria die Botschaft von der Geburt Jesu überbringt, ist auch im Islam vor großer Bedeutung: Hier heißt er Dschibril, er ist es, der dem Propheten Mohammed das Wort Gottes diktiert. Der Koran nennt die Engel „Diener des Allerbarmers“ (Sure 43,19). Diese „islamischen Schutzengel“ wachen nicht nur über die Gläubigen, sie bewerten sie auch: Je ein Engel (arabisch: Malak) führt in der muslimischen Tradition Buch über böse beziehungsweise gute Taten des Menschen, den sie begleiten (Sure 50,17).

Islamische Engelsdarstellung, Buchmalerei um 1280, in: „Die Wunder der Schöpfung des al-Kaswini“, Szene: Die himmlischen Wächter
Irakischer Maler um 1280
Islamische Engelsdarstellung, Buchmalerei um 1280, in: „Die Wunder der Schöpfung des al-Kaswini“, Szene: Die himmlischen Wächter

Nicht Schutzengel im eigentlichen Sinn, aber mit göttlicher Macht ausgestattete, übersinnliche Geschöpfe kennen alle Weltreligionen – oft haben sie auch eine Schutzfunktion. Theologin Peter nannte etwa die Avataras im Hinduismus, Inkarnationen des Göttlichen in Menschen- oder Tiergestalt. Der Buddhismus kennt geflügelte göttliche Wesen, die Tennin, als Begleiter eines Buddhas oder Bodhisattwas, also eines Menschen, der kurz vor der Erleuchtung steht.

„Engelskarten“ für jeden Tag

Esoterische Neuinterpretationen der Funktion der (Schutz-)Engel finden sich im Internet und auf Social Media: Beliebt sind „Engelskarten“, die man, ähnlich wie Tarotkarten, kaufen und täglich oder im Krisenfall zurate ziehen kann. Die auf den Karten abgebildeten Engel haben jeder einen bestimmten Zweck oder Charakter, sie werden auch dazu eingesetzt, einem Tag etwa ein bestimmtes Motto zu geben oder eine Lösung für ein Problem zu finden.

Engel, Ölgemälde
Getty Images/Pobytov
Schutzengel können viele Formen annehmen, auch als „Engelskarten“ und im Internet

Viele dieser „Engelskarten“-Sets gibt es im Handel zu kaufen, aber man kann sich den jeweiligen „Tagesengel“ auch per E-Mail zusenden lassen. Sie bieten freilich eher einen munteren Mythen-Mix als Religion und führen zum Teil schon recht weit weg von jeder religiösen Lehre.

Theologin Peter sagte dazu, sie halte es für „sehr wichtig, dass Menschen in Gefahr oder in einer schwierigen Situation darauf vertrauen können, von Gott begleitet zu werden“. „Dabei sollte die Offenheit für die Überraschung nicht verloren gehen. Ein Schutzengel kann auch anders agieren als erwartet.“ Denn die Engel im Christentum handelten nicht „in eigenem Namen“, sondern im Namen Gottes.