Innenminister Gerald Darmanin hat den Vorsitzenden der französischen Bischofskonferenz, Erzbischof Eric de Moulins-Beaufort, am Donnerstag um ein Gespräch gebeten. Der Erzbischof hatte zuvor gesagt, das Beichtgeheimnis stehe über den Gesetzen der Republik.
Die Äußerungen in einem Interview am Mittwoch lösten Protest in Frankreich aus, das großen Wert auf eine strikte Trennung von Staat und Kirche legt. „Nichts steht über den Gesetzen der Republik“, betonte Regierungssprecher Gabriel Attal am Donnerstag.
Gespräch kommende Woche
Der Erzbischof teilte unterdessen mit, das den Priestern auferlegte Beichtgeheimnis stehe dem französischen Strafrecht nicht im Weg. Es sei die Ehre der Republik, auf diesem Wege die Würde und das Gewissen des Einzelnen zu respektieren. Das Gespräch mit dem Minister sei für kommenden Dienstag angesetzt.

Einer am Dienstag vorgestellten Untersuchung zufolge sollen sich in Frankreich rund 3.000 Priester und Ordensleute an rund 216.000 Kindern vergangen haben. Laut der katholischen Zeitung „La Croix“ (Onlineausgabe am Dienstag) beträgt die Gesamtzahl der Opfer 330.000, wenn man die Täter hinzurechne, die in Einrichtungen der katholischen Kirche arbeiteten, etwa an katholischen Schulen oder bei Jugendbewegungen.
Umgang mit Problemlage finden
In einem TV-Interview wurde der Erzbischof danach gefragt, ob ein Priester verpflichtet sei, die Polizei einzuschalten, wenn bei einer Beichte ein Missbrauchsfall bekannt wird, oder ob die Beichte über den Gesetzen des Landes stehe.
Der Erzbischof sagte auf mehrfache Nachfrage, dass die Beichte über den Gesetzen stehe. Er ergänzte aber, dass die Kirche einen Umgang mit so einer Problemlage finden müsse. Außerdem könne es sein, dass ein Kind sich in der Beichte nur deshalb offenbare, weil es um das Beichtgeheimnis wisse.
Später ergänzte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, dass die Beichte rechtlich einem Berufsgeheimnis gleichkomme, dessen Aufhebung das Strafrecht nicht verlange. Es gehe darum, Priester, die eine Beichte abnehmen, darin zu schulen, Opfer dahingehend zu begleiten, dass sie sich auch außerhalb der Beichte einer Hilfsperson anvertrauen.