Die Werdens- und Wirkensgeschichte des 14. Dalai Lama liest sich stellenweise spannend wie ein Krimi und gibt mit teils erstmalig veröffentlichten Fotos Einblicke in das gesamte Leben Tenzin Gyatsos – inklusive seiner Eltern, Bildern von der Flucht ins Exil, einem seiner Hunde und von internationalen Reisen und Begegnungen. Der Autor, Tenzin Geyche Tethong, war mehr als 45 Jahre der persönliche Assistent und Pressesprecher des Dalai Lama und begleitete das heute 86-jährige spirituelle Oberhaupt der Tibeter über ein großes Stück seines Lebens und auf viele seiner Reisen.
„Als Kleinkind war es eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, Dinge in eine Tasche zu packen, als wollte ich auf eine weite Reise gehen. ‚Ich fahre nach Lhasa, ich fahre nach Lhasa‘, sagte ich dann. Daraus und dass ich darauf bestand, immer am Kopf des Tisches zu sitzen, schloss man später, dass ich bereits ahnte, zu Höherem bestimmt zu sein“, wird der Dalai Lama zitiert.
Der 14. Dalai Lama wurde als Lhamo Thondup am 6. Juli 1935 in eine Bauernfamilie geboren. Seinen bekannten Mönchsnamen Tenzin Gyatso (ozeangleicher Lehrer) erhielt er im Alter von vier Jahren – zwei Jahre nachdem er als Reinkarnation des 13. Dalai Lama anerkannt wurde. Die Biografie beantwortet auch Fragen danach, wie viel Kindheit ihm nach seiner Auffindung blieb. Ein Stück Kindlichkeit erhielt er sich in Form seiner Begeisterungsfähigkeit, wie eine Anekdote von einer begeisterten Skilift-Fahrt nahelegt.

Buddhistisch entspannt
Das Buch enthält Dokumente einflussreicher Persönlichkeiten, wie einen Brief des US-amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt aus dem Jahr 1942, der dem siebenjährigen Dalai Lama eine goldene Taschenuhr schickte (Uhren reparieren ist ein Hobby des Dalai Lama). Auch der erste Entwurf der Tibetischen Verfassung mit handschriftlichen Notizen des Dalai Lama aus dem Jahr 1963 ist abgebildet. Die Berichte über die kulturellen und politischen Entwicklungen in Tibet sind sachlich, ohne Verbitterung. Und Zitate des Dalai Lama vermitteln die buddhistische Art, entspannt und hoffnungsvoll an Widrigkeiten heran- und mit ihnen umzugehen.
„Begegnen wir im Leben einer echten Tragödie, können wir auf zwei Arten reagieren – entweder indem wir die Hoffnung aufgeben und in selbstzerstörerische Verhaltensweisen verfallen, oder indem wir die Herausforderung nutzen, um zu innerer Kraft zu gelangen.“
Zu den zahlreich porträtierten spirituellen Begleitern und Freunden des Dalai Lama gehört auch der 2006 verstorbene österreichische Forscher Heinrich Harrer. Er richtete einen kleinen Kinosaal für den Dalai Lama ein, in dem dieser unter anderem auch Filme vom Eislaufen am nahegelegenen Fluss sah. Zudem erhält man Einblick in ein tibetisch-buddhistisches Notenbuch für Gesangsmeister.
Ernst und witzig zugleich
Dokumentiert werden auch die zahlreichen Begegnungen mit politischen Führungspersönlichkeiten. Sein Einsatz für den Frieden mündete 1989 in die Verleihung des Friedensnobelpreises. Seine abenteuerliche Flucht nach Indien 1959 wird ebenso thematisiert wie Schicksalsschläge und Familienverhältnisse.
Der 14. Dalai Lama wurde im Lauf der Zeit zu einem Superstar, der ganze Stadien füllt. Er selbst bezeichnete sich als einfachen Mönch aus einer abgelegenen Bergregion Tibets, erscheint aber manchen als Universalweiser, dessen Worte Gewicht haben – über Religionsgrenzen und Weltanschauungen hinweg. Die Schilderungen des bewegten Lebens des 14. Dalai Lama sind informativ und – typisch buddhistisch – ernst und witzig zugleich geschrieben.