Klarstellung

Privatsekretär: Benedikt XVI. hat „Lust zu leben“

Das Beileidsschreiben des früheren Papstes Benedikt XVI. zum Tod des österreichischen Theologen Gerhard Winkler hat international Schlagzeilen verursacht. Er hoffe auf ein baldiges Jenseits, schrieb er darin. Das sei nicht so zu deuten, dass der frühere Papst „keine Lust mehr hat zu leben“, sagte sein Privatsekretär Georg Gänswein.

Im Gegenteil", sagte der Erzbischof der „Bild“-Zeitung (Donnerstag-Ausgabe). Benedikt XVI. (94) ist nach Angaben von Gänswein trotz seiner angedeuteten Himmelssehnsucht weiter „absolut lebensfroh“. Der emeritierte Papst hatte in einem Kondolenzschreiben für seinen früheren Professorenkollegen Gerhard Winkler aus Stift Wilhering unter anderem geschrieben: „Nun ist er im Jenseits angelangt, wo sicher schon viele Freunde auf ihn warten. Ich hoffe, dass ich mich bald hinzugesellen kann.“

Dieser Brief sei „lieb gemeint und kommt von Herzen“, betonte Gänswein weiter. Zugleich ergänzte er, der emeritierte Papst bereite sich natürlich bewusst auf den Tod vor: „Die Kunst des guten Sterbens, also Ars moriendi, gehört zum christlichen Leben dazu. Das macht Papst Benedikt seit vielen Jahren. Dennoch ist er absolut lebensfroh. Stabil in seiner physischen Schwäche, glasklar im Kopf und gesegnet mit seinem ihm typisch-bayerischen Humor.“

Benedict XVI mit Georg Gänswein Juni 2020
APA/AFP/POOL/Sven Hoppe
Der Privatsekretär von Benedikt XVI., Georg Gänswein, attestiert dem früheren Papst noch viel Lebensfreude und Humor

Keine „Todessehnsucht“

Ähnlich deutete der Sprecher von Kardinal Christoph Schönborn, Michael Prüller, in der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“ (aktuelle Ausgabe) die Nebenbemerkung des emeritierten Papstes. Dessen Äußerung als Todessehnsucht zu verstehen, wäre ein „Missverständnis, das gar nicht selten ist, wenn es um das abgeklärte Verhältnis gläubiger Menschen zum Tod geht“, befand der Diözesansprecher.

Dass sich Christinnen und Christen einerseits vehement für das Leben einsetzten – etwa durch Spitäler, Kampf gegen Abtreibung und Sterbehilfe, Ablehnung der Todesstrafe und Abhaltung einer „Woche für das Leben“ – und zugleich vom Sterben als „Gewinn“ sprächen, sich auf das „gute Sterben“ vorbereiten und Märtyrer verehrten, die den Tod dem Leben vorzogen, sei nur scheinbar paradox, erklärte Prüller.

Beides passe und gehöre zusammen, sobald Gott ins Spiel komme, der den Menschen „aus Liebe ins Sein gerufen“ habe und einen Sinn für jedes einzelne Leben sehe. Nach christlichem Verständnis habe Gott auch die Entscheidung über, „wann sich unser Leben erfüllt hat“.

Brief auf Website veröffentlicht

Der Ende September mit 91 Jahren verstorbene Gerhard Winkler war Wilheringer Zisterzienserpater und von 1983 bis 1999 Professor für Kirchengeschichte an der Universität Salzburg. Zuvor war er seit 1974 Professor an der Universität Regensburg, parallel zu Joseph Ratzinger (1969-1977), dem späteren Papst Benedikt XVI.

In dessen Kondolenzschreiben vom 2. Oktober, das das Stift Wilhering nun auf seiner Homepage veröffentlicht hat, schreibt das 2013 zurückgetretene frühere Kirchenoberhaupt auch, dass Winkler ihm unter allen Kollegen und Freunden „am nächsten stand“. Wörtlich heißt es: „Seine Heiterkeit und sein tiefer Glaube haben mich immer angezogen.“