Ein Besucher der Gamescom 2018 probiert an einem Stand ein Videospiel mit einer VR-Brille aus.
APA/dpa/Christophe Gateau
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Computerspiele „voll mit religiösen Motiven“

Die Kulturwissenschaftlerin Miriam Schreiter-Deike hat die Bedeutung von Religion in digitalen Spielen hervorgehoben. „Computer- und Videospiele sind vollgestopft mit religiösen Motiven“, sagte sie am Mittwochabend in Leipzig.

Auch die Aufgabenstellung entspringe oft religiöser Wertvorstellung: „Viele Spiele, in denen der Spieler Aufgaben entlang einer Geschichte lösen muss, beginnen mit einem Mord, einem Tabubruch, der Verletzung des Gebots ‚Du sollst nicht töten‘, und der Spieler muss dann den Mörder finden, um die Ordnung wieder herzustellen.“

Generell seien Tod und Sterben sehr präsent in vielen digitalen Spielen, oft verknüpft mit religiösen Praktiken und Vorstellungen. Ein Beispiel sei die Aufgabe, dass der Spieler als Mittler helfen muss, die Seelen von Toten in den Himmel zu geleiten und ihren Bestimmungsorten zuzuführen. Häufig bestimmten auch Friedhöfe und Gräber das Setting. „Also Orte von Trennungsritualen. Aber dazu fehlt im Spiel völlig der Bezug. Der Spieler nimmt auf dem Friedhof nicht an einer Beerdigung teil, sondern löst dort Aufgaben“, so die an der Technischen Universität Chemnitz lehrende deutsche Wissenschaftlerin.

Religiöse Motive „konsumierbar“ gemacht

Weiter erläuterte sie: „Als Kulturprodukte offenbaren die Spiele die Präsenz von vertrauten, populären religiösen Vorstellungen, etwa Dualismus von Körper und Geist.“ Motive und Spieldesign griffen auf das kulturelle Gedächtnis der Gesellschaft zurück.

Zugleich gehe es um ein „Konsumierbar-Machen“ von religiösen Motiven, sagte Schreiter-Deike. „Mit Tod und Sterben haben wir immer weniger zu tun, aber wir holen uns das über digitale Spiele wieder in unseren Alltag hinein.“ Die Spiele forcierten auf eigene Art auch eine Beschäftigung mit diesen tabuisierten Themen.

Religion wird Kommerz

Kulturkritisch könnte man von einer Instrumentalisierung von Religion für den Kommerz sprechen, so die Wissenschaftlerin. Religiöse Symbole würden aus ihren ursprünglichen Kontexten herausgerissen. Religion diene als Inspiration und die entsprechenden Motive und Symbole als Kulisse für die Spiele.

Die Konstruktion von digitalen Spielen sei immer auch ein Spiegel gesellschaftlich-kultureller Gegebenheiten und Werte, gekoppelt mit Konsumverhalten, erklärte Schreiter-Deike. Zudem ließen sich davon, was das Spiel dem Spieler zu tun erlaube, bestimmte Normen ableiten. Die Kulturwissenschaftlerin äußerte bei einer Veranstaltung der Katholischen Akademie der Diözese Dresden-Meißen und des Lehrstuhls für Religions- und Kirchensoziologie der Universität Leipzig.