Wien

Jüdische Aktivisten fordern Straßen-Umbenennungen

Am Dienstag haben jüdische Aktivistinnen und Aktivisten in Wien 23 nach Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten sowie Antisemiten benannte Straßenschilder mit Namen von Menschen im Widerstand überklebt – sie fordern eine Umbenennung.

In Wien gibt es mehrere Straßen und Denkmäler, die Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten gewidmet sind. Das wollten jüdische Aktivistinnen und Aktivisten zum 83. Gedenktag der Novemberpogrome von 1938 am 9. November in Erinnerung rufen und forderten eine Umbenennung der betreffenden Straßen.

Dazu überklebten sie in der Nacht 23 Straßenschilder mit Namen von Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern. Die Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen (JöH) befürworten die Aktion und schließen sich der Forderung nach der Umbenennung der Straßennamen an.

Umbenennung gefordert

„83 Jahre nach den Novemberpogromen, 76 Jahre nach dem Ende der Shoah dürfen wir keine Antisemit:innen und Nazis mehr würdigen, sondern müssen stattdessen Widerstandskämpfer:innen den Platz einzuräumen, den sie verdienen. Wir fordern die Stadt Wien auf, die 23 Straßen auch offiziell umzubenennen“, so Sashi Turkof, Präsidentin der JöH in einer Aussendung vom Dienstag.

Eine Person überklebt ein Straßenschild
Jüdische Hochschüler:innen
Jüdische Aktivistinnen und Aktivisten überklebten 23 Straßenschilder in Wien – u.a. die Kloepferstraße im 22. Wiener Gemeindebezirk mit Chana-Szenes-Straße

Ein Bericht aus dem Jahr 2013, der von der Stadt Wien beauftragten Historikerkommission unter der Leitung von Oliver Rathkolb durchgeführt wurde, untersuchte 4.300 personenbezogene Straßennamen – 170 davon werden in dem Bericht als problematisch eingestuft worden.

Davon wiederum werden 28 Straßennamen als „Fälle mit intensivem Diskussionsbedarf“ benannt und Personen zugeordnet, „die offensiv und nachhaltig antisemitische Einstellungen bzw. andere gruppenbezogene menschenfeindliche Vorurteile vertreten haben. Weiters wurden eindeutig aktive Mitglieder der NSDAP bzw. aktive Mitglieder der SS oder SA hier zugeordnet“, so der Bericht.

23 Straßenschilder überklebt

Von diesen 28 Straßenschildern sind 23 bis heute in der damaligen Form angebracht. Die Stadt Wien habe die Straßennamen nicht verändert, lediglich mit Zusatztafeln versehen, so die Aussendung.

Mit der Aktion wurde etwa die die Kloepferstraße im 22. Wiener Gemeindebezirk zur Chana-Szenes-Straße, die Pschorngasse im 16. Bezirk zur Leopoldine-Kovarik-Gasse, die Müller-Guttenbrunn-Straße im 14. zur Franz-Jägerstätter-Straße und der Dr.-Karl-Lueger-Platz im ersten Wiener Gemeindebezirk zum Platz-des-antifaschistischen-Widerstandes. Lueger gilt als einer der Begründer des modernen Antisemitismus.

Auf Geschlechterausgewogenheit achten

Bei einer Umbenennung solle besonders auf die geschlechterausgewogene Auswahl geachtet werden, wie Victoria Borochov, Vize-Präsidentin der JöH betonte: „In Wien sind nur rund 10% der Verkehrsflächen nach Frauen benannt. Deswegen begrüßen wir auch unter diesem Aspekt ausdrücklich die geschlechterausgewogene Wahl der neuen Straßenschilder. Auch das muss Teil einer inklusiven Veränderung unseres Stadtbildes sein. Wir müssen antifaschistische Widerständigkeit sichtbar machen und nationalsozialistische Kontinuitäten weiterhin bekämpfen“.