Suizidbeihilfe in Italien erlaubt: Vatikan dagegen

Nachdem in Italien erstmals eine offizielle Erlaubnis für medizinisch assistierten Suizid erteilt worden ist, hat der Vatikan am Mittwoch seine grundsätzliche Ablehnung erneut bekräftigt.

Man wolle die Schwere dessen, was dem 43-jährigen Mann, dem die Gesundheitsbehörde der Region Marken am Dienstag die Erlaubnis zum assistierten Suizid erteilt hat, geschehen ist, keinesfalls herunterspielen, hieß es von der Päpstlichen Akademie für das Leben. Es stelle sich jedoch die Frage, ob es eine angemessene Reaktion sei, Menschen dazu zu ermutigen, sich das Leben zu nehmen.

Eine grundsätzliche Legitimierung von Suizidbeihilfe stellt aus Sicht des Vatikans einen „Widerspruch zu einer zivilisierten Gesellschaft“ dar. Besser wäre es demnach, sich die eigene Ohnmacht einzugestehen und nach „anderen Wegen“ zu suchen.

Betonung von „Wert des Lebens“

Am überzeugendsten scheine „der Ansatz der Begleitung zu sein, der die vielen persönlichen Bedürfnisse in dieser sehr schwierigen Situation aufgreift“. Dabei dürfe der Wert eines jeden menschlichen Lebens nicht außer Acht gelassen werden, so die Akademie.

Eine Ethikkommission in Ancona war zuvor zu dem Schluss gekommen, dass die notwendigen Voraussetzungen für einen medizinisch assistierten Suizid im Fall eines seit mehr als zehn Jahren bewegungsunfähigen früheren Lkw-Fahrers aus Pesaro gegeben sind. Dem Beschluss war ein viel beachteter Rechtsstreit vorausgegangen.

Betroffener von Beschluss „erleichtert“

Der Betroffene äußerte sich in einer ersten Reaktion „erleichtert“. Sein langer Leidensweg nach einem Verkehrsunfall sei nun fast vorbei. Der 43-Jährigen hatte 2020 bei der lokalen Gesundheitsbehörde einen Antrag auf medizinisch assistierten Suizid gestellt, der zunächst ohne Prüfung abgewiesen wurde. Im Juni entschied ein Gericht in Ancona, dass die Prüfung durch die Gesundheitsbehörde doch stattfinden muss.

Hintergrund ist eine Entscheidung des italienischen Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2019. Damals stellten die Richter fest, dass es unter bestimmen Umständen straffrei sei, die Ausführung eines frei gebildeten Suizidvorsatzes zu erleichtern. Das Parlament wurde aufgefordert, eine genauere gesetzliche Regelung zu entwerfen. Eine solche gibt es bisher aber noch nicht. Das italienische Strafrecht sah für Anstiftung und Beihilfe zum Suizid bis zu dem Richterspruch fünf bis zwölf Jahre Freiheitsentzug vor.

Diskussion rund um Freigabe

Auch in der italienischen Regierung gibt es Bestrebungen nach einer Freigabe der Suizidbeihilfe. Gesundheitsminister Roberto Speranza kündigte vor einigen Monaten eine entsprechende Vereinbarung mit den Regionen an. Ziel sei es, in bestimmten Fällen eine rechtliche „Garantie“ zu schaffen. „Ich persönlich bin seit langem von der Notwendigkeit und Dringlichkeit einer gesetzgeberischen Maßnahme in dieser Angelegenheit überzeugt“, so der Minister.

Unterdessen setzt sich die Initiative „Liberi fino alla fine“ (Frei bis zum Ende) weiter für eine Freigabe der aktiven Sterbehilfe ein, auch „Tötung auf Verlangen“ genannt. Artikel 579 des italienischen Strafgesetzbuchs sieht dafür bisher sechs bis 15 Jahre Freiheitsstrafe vor. In den vergangenen Monaten gelang es den Initiatoren, mehr als 1,2 Millionen Unterschriften für eine Streichung des Artikels zu sammeln. Sollten keine verfassungsrechtlichen Bedenken vorliegen, dürften die Italienerinnen und Italiener Mitte 2022 zur Abstimmung gebeten werden.