Der Grabstein eines muslimischen Grabes steht in Deutschland
APA/dpa/Frank Rumpenhorst
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Beerdigung

Muslime und die Krux mit dem Sarg

In Bayern sind erstmals Muslime nur in einem Leichentuch ohne Sarg bestattet worden – ganz im Sinne der islamischen Tradition. Möglich wurde das, weil in Bayern heuer die Sargpflicht fiel. In einigen deutschen Bundesländern gilt sie noch, auch in Österreich. Eine Lockerung der Regelung würden Musliminnen und Muslime auch hierzulande begrüßen.

Das absolute Verbot fiel bereits im April: Wer aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen nur in einem Leichentuch beerdigt werden will, solle dies in Bayern auch in Anspruch nehmen können. Das gilt jedenfalls, wenn Städte und Gemeinden in ihrer Funktion als Friedhofsträger Bestattungen ohne Sarg zulassen. München hat das getan.

Dort gab es nun, wie der BR online berichtet, in den vergangenen Wochen drei Beerdigungen dieser Art. Muslimische Gemeinden hatten sich lange für diese Änderung eingesetzt. Doch von der neuen Regelung profitiert nicht nur die muslimische Gemeinde, auch im Judentum soll eigentlich auf Särge verzichtet werden. Der muslimische Bestatter Salih Güler aus München sagte, inzwischen würden auch andere deutsche Städte ihre Satzung ändern und Bestattungen ohne Sarg anbieten. Für Musliminnen und Muslime in Deutschland gelten unterschiedliche Regeln – je nachdem, wo sie leben bzw. sterben. In einigen Bundesländern ist die sarglose Bestattung erlaubt, in anderen verboten.

„Kehren in die Erde zurück“

In muslimischen Ländern wird in der Regel ohne Sarg bestattet. Nach der Totenwaschung wird der Verstorbene in Leichentücher eingewickelt. Nach dem Totengebet am Friedhof wird der Leichnam, Richtung Mekka liegend, in der Erde beigesetzt.

„Wir kommen aus der Erde und kehren in die Erde zurück“, sagt der Verwalter des Wiener Islamischen Friedhofs Ibrahim Ali im Gespräch mit religion.ORF.at. Der Leichnam soll so schnell wie möglich zurückkehren, ohne Sarg verwest der Körper schneller. Dass ein Sarg die Verwesung verzögert, sehe man auch Jahre nach der Bestattung bei Exhumierungen, sagt Ali.

Sargpflicht in Österreich

In Österreich gilt jedenfalls nach wie vor die Sargpflicht. Muslimische Gelehrte haben klargestellt, so Ali, dass es in Ordnung sei, Musliminnen und Muslime in einem Sarg zu beerdigen, wenn es rechtlich nun mal nicht anders möglich ist. „Natürlich wäre es besser, wenn es ohne Sarg geht, aber uns sind die Hände gebunden“, sagt Ali.

Früher habe es in der islamischen Gemeinde mehr Diskussionen darüber gegeben, ob Bestattungen in Österreich nach islamischen Riten ablaufen können. Das habe sich geändert, als die ersten islamischen Friedhöfe eröffnet wurden. Musliminnen und Muslime können sicher sein, dass sie eine islamische Bestattung haben werden, allerdings mit Sarg. Angesprochen auf die Neuregelung in Bayern sagt Ali, man könne überlegen, ob es sich lohne, das Thema in Österreich wieder zu besprechen.

Der Islamische Friedhof in Altach (Vorarlberg) wurde 2012 eröffnet.
APA/Dietmar Stiplovsek
In Österreich gibt es zwei islamische Friedhofe – einer ist in Wien, der andere in Vorarlberg

„Recht auf Erde“

Mittlerweile entscheiden sich viele Musliminnen und Muslime zu einer Bestattung in Österreich. Das war früher durchaus anders. Oftmals wurden die Verstorbenen in das eigene oder das Heimatland der Eltern überführt und dort begraben. Bei den Beerdigungen in Österreich werden dann meist naturbelassene Weichholzsärge verwendet.

Es gäbe aber auch noch eine ältere Generation, die sagt: „Mit Sarg will ich nicht beerdigt werden“, die sozusagen auf ihr „Recht auf Erde“ nicht verzichten will und eine Bestattung in einem muslimischen Land vorzieht, sagt Ali. Meist seien das Musliminnen und Muslime aus dem asiatischen Raum.

In „weltoffener Stadt“ selbstverständlich

In Bayern sieht man die gefallene Sargpflicht auch als Zeichen der Integration. Und „es muss auch ein Zeichen der Normalität sein“, sagt Heino Jahn, Leiter der Städtischen Friedhöfe, München dem BR.

Dass es nun auch möglich ist, dass Menschen, die sich aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen nicht in einem Sarg beerdigen lassen wollen, das auch können, sei in einer „weltoffenen Stadt“ wie München eine „Selbstverständlichkeit“.