Gewalt gegen Frauen
ORF/Sandra Szabo
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Gewalt gegen Frauen

Aus der Abhängigkeit in die Selbstbestimmung

Häusliche Gewalt, Belästigung im öffentlichen Raum oder psychische Attacken gegen Frauen nahmen in den letzten Jahren immer stärker zu. Am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, soll verstärkt auf die Problematik aufmerksam gemacht werden.

Im kleinen Vorraum der Familien-, Rechts- und Schwangerenberatungsstelle der St. Elisabeth-Stiftung der Erzdiözese Wien warten Mütter mit Kinderwägen und schwangere Frauen. Sie sehen Mäntel und Jacken durch, die an der Garderobe zur freien Entnahme hängen, suchen nach passenden Kindermützen und Schultaschen.

Es sind nicht nur finanzielle Sorgen, die die Frauen hier plagen. Die meisten von ihnen haben in irgendeiner Form Gewalt erfahren. In den ersten Beratungen sprechen allerdings nur die wenigsten konkret über Erlebtes, sagt Anna Millauer, Leiterin der Beratungsstelle.

Gewalt gegen Frauen
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Zur kalten Jahreszeit werden warme Mäntel und Schuhe für schwangere Frauen und warme Kleidung für Kinder ab Kindergartenalter dringend gebraucht.

Viele sind traumatisiert und schweigen. Andere versuchen, die Situation aus einer Scham heraus zu verharmlosen oder ertragen aus Angst leidend die Gewaltausbrüche ihrer Partner. Täglich hört Anna Millauer Sätze wie: Ich habe mich an der Tür gestoßen. Er macht das nicht absichtlich. Er hat versprochen, das passiert nicht wieder.

Hilfestellen
Wenn Sie sich in einer Krise befinden, können Sie sich an diese Stellen wenden:
In akuten Situationen rufen Sie die Polizei: 133
St. Elisabeth-Stiftung, Familien-, Rechts- und Schwangerenberatung:
01 54 55 222 – 10
oder beratung@edw.or.at
Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555
Frauenhäuser: www.aoef.at
Frauen- und Mädchenberatungsstellen: www.netzwerk-frauenberatung.at

Hilfsangebote für Männer.
Bevor eine angespannte Situation gewaltvoll eskaliert:
Männernotruf: 0800 246 247
Männerberatungsstellen: www.maennerberatung.at

Auch eine junge Mutter aus dem Iran hat solchen leeren Versprechungen anfänglich geglaubt. Es fällt ihr schwer, über die Gewalt zu sprechen, der sie ausgesetzt war. Auf Bildaufnahmen will sie unerkannt bleiben – zum Schutz ihrer Kinder und zu ihrer eigenen Sicherheit.
Die Angst vor und Betroffenheit von physischer und sexueller Gewalt teilen in Österreich tausende Frauen. Etwa jede fünfte Frau ist körperlicher und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt. Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) listet für das Jahr 2021 bisher 29 Morde an Frauen auf.

Abwertung und Demütigung

Oft beginnt es mit einem Wort der Abwertung oder einer Demütigung. Doch die Spirale der Aggression dreht sich mitunter schnell. Das Verharren in gewaltvollen Beziehungen geschieht aus verschiedensten Abhängigkeiten heraus: aus heilloser Liebe zum Partner, aufgrund fehlender Selbstwertschätzung der Frauen, der Kinder wegen oder aus finanzieller Not.

Um Gewalt zu durchzubrechen, braucht es Aufklärung und Präventionsarbeit, die das umfassende Betreuungsangebot der St. Elisabeth-Stiftung Frauen – unabhängig von ihrer Nationalität und Religion – bieten will. Sie sollen für Warnsignale von Gewalt in der Beziehung sensibilisiert werden: unbegründete, rasende Eifersucht und Versuche des Partners sämtliche Bereiche des Lebens einer Frau zwanghaft zu kontrollieren, etwa ihr Gewicht und Kontakte zu anderen Personen.

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Jede Mutter wünscht sich vor allem eins: eine sichere Zukunft für ihr Kind.

„Beratung“ ist aber nur die erste Säule des Konzepts, auf das die St. Elisabeth-Stiftung baut. Damit sich Frauen nicht nur psychisch aus kranken Beziehungen lösen können, sondern es auch aus finanziellen Abhängigkeiten schaffen, wird auf die Säulen „Wohnen“ und „Arbeit“ gesetzt. Frauen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind, können etwa in Mutter-Kind-Häusern zur Ruhe kommen und neue Perspektiven für die Zukunft entwickeln. Über das noch junge Projekt „Mamas Werkstatt“ sollen Frauen wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen. Allein in der Beratungsstelle konnte im Vorjahr 1.110 schwangeren Frauen und Familien geholfen werden.