Stephansdom

Gottesdienst mit Menschen mit Behinderung

Am Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, dem 3. Dezember, feiert Weihbischof Franz Scharl im Wiener Stephansdom einen Gottesdienst, der von Menschen mit verschiedenen Behinderungen und ihren Seelsorgerinnen und Seelsorgern gestaltet und in Gebärdensprache übersetzt wird.

Das Einzigartige an dem barrierefreien Gottesdienst sei, „dass Menschen mit Behinderung nicht nur als passive Zuhörer dabei sind, sondern sich auch ganz authentisch ausdrücken dürfen“, wird Anamarija Sobocanec-Sostaric, Fachreferentin der Seelsorge für Menschen mit intellektueller und mehrfacher Behinderung in der Erzdiözese Wien in einer Aussendung am Mittwoch zitiert. Menschen mit Behinderungen seien „ein wichtiger Teil der Kirche und möchten sie auch mitgestalten“.

Organisiert von der Kategorialen Seelsorge der Erzdiözese Wien wird der Gottesdienst am Freitag um 12 Uhr von den Menschen mit Behinderung maßgeblich gestaltet. So liest die von Geburt an blinde Seelsorgerin Henriette Etzenberger die Lesung, Menschen mit Multipler Sklerose, Körperbehinderung, Sehbehinderung, Downsyndrom oder Gehörlosigkeit sprechen die Fürbitten. Musikalisch gestaltet wird die Messe von den Gruppen „Faith4U&Me“ und der „Veeh-Harfengruppe Saitensalat“ – in beiden singen bzw. musizieren Menschen mit und ohne Behinderung miteinander.

Gebärdendolmetscherin zeigt mit ihren Fingern das Wort „regelmäßig“ in Gebärdensprache.
APA/dpa/Arne Dedert
Eine Gebärdendolmetscherin zeigt das Wort „regelmäßig“ in deutscher Gebärdensprache

Musik für Gehörlose

Wegen der Coronavirus-Beschränkungen nur zugeschaltet werde ein Musikprojekt von Musikpädagogin Antonia Teibler: „beethoven.goes.visual“. Sie hat Beethovens „Ode an die Freude“ für Gehörlose übersetzt und mit einem Ensemble aus gehörlosen und hörenden Schülerinnen und Schülern einstudiert.

Ziel des Projektes sei es, Musik auch für Gehörlose erfahrbar zu machen – durch Gebärdensprache und die Wahrnehmung von Rhythmus und musikalischen Schwingungen. Das Mitfeiern des Gottesdienstes ist im Stephansdom unter aktuellen Coronavirus-Auflagen oder per Livestream möglich.

Plädoyer für Inklusion

Für die „volle Teilhabe am gesellschaftlichen und kirchlichen Leben“ von Menschen mit Behinderung plädierte auch Brigitte Niedermaier, Referentin für die Seelsorge für Menschen mit Behinderungen in der Diözese Linz. Wichtig sei es, „dass Seelsorgende in Pfarren und Einrichtungen inklusiv arbeiten, Menschen mit Behinderungen in ihrer Arbeit mitbedenken und sie teilhaben lassen“.

„Wir sehen Menschen mit Behinderungen oft über ihren Unterstützungsbedarf, aber diese Menschen haben großes Potenzial, selbst etwas beizutragen und beispielsweise Gottesdienste mitzugestalten – auch wenn dies nicht immer in den gewohnten Ablauf hineinzupassen scheint“, zeigte sich Niedermaier überzeugt. Oft scheitere es daran, dass ihnen nichts zugetraut würde. Doch: „Man sollte sie ermutigen und ihnen versichern: So wie du es machst, ist es in Ordnung“.

„Keine Samthandschuhe“

Für den Umgang mit Menschen mit Behinderung brauche es „keine Samthandschuhe, aber Fingerspitzengefühl“, so Niedermaier. Wichtig sei ihr: „Wir sollten nicht über Menschen mit Behinderungen sprechen, sondern mit ihnen.“ Gerade die Vielfalt der Gemeinschaft sei bereichernd und lehrreich. Für Niedermaier stehe fest: „Die Qualität des Miteinanders ist eine andere, wenn Menschen mit Behinderungen dabei sind.“