Papst Franziskus auf Lesbos
APA/VATICAN MEDIA/AFP
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Papst auf Lesbos

Papst bei Migranten auf Lesbos: „Epoche der Mauern“

Papst Franziskus hat das Flüchtlingslager von Lesbos besucht und den Migrantinnen und Migranten Mut zugesprochen. „Ich bin hier, um euch zu sagen, dass ich euch nahe bin“, sagte der Papst am Sonntag in dem Camp.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche war für einen kurzen Abstecher von Athen auf die griechische Mittelmeerinsel geflogen. Für ihn war es eine Rückkehr: 2016 war er schon auf Lesbos, damals aber noch in dem berüchtigten Lager Moria. Dieses brannte 2020 ab, nun sind rund 2.200 Migranten in dem Interimslager Kara Tepe untergebracht.

Obwohl die Zustände dort besser sind als in Moria, kritisierte der Papst, dass sich seiner Meinung nach in der Migrationsfrage keine grundlegende Besserung in den vergangenen Jahren eingestellt hat. Er wiederholte seine Kritik an der westlichen Welt wegen des teils harschen Vorgehens gegen Migranten und Flüchtlinge.

Papst Franziskus mit Kindern im Flüchtlingslager Kara Tepe auf Lesbos
APA/AFP/Louisa Gouliamaki

„Hier, um euch zu sagen, dass ich euch nahe bin“

Der 84-Jährige stieg aus seinem Fahrzeug und ging den Schotterweg entlang, an hunderten Menschen vorbei. Er schüttelte Hände, plauderte, lachte, legte Kindern die Hand auf den Kopf. Die Kardinäle und Politiker, die mit anderen Migranten in einem Zelt auf ihn warten, brauchten Geduld. Den Leuten draußen sagt Franziskus: „Ich bin hier, um euch zu sagen, dass ich euch nahe bin. Ich bin hier, um eure Gesichter zu sehen und euch in die Augen zu schauen. Augen voll Angst und Erwartung, Augen, die Gewalt und Armut gesehen haben, Augen gerötet von zu vielen Tränen.“

Fünf Jahre ist es her, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche schon einmal auf Lesbos war. Damals war er schon bei den Flüchtlingen, noch im berüchtigten Lager Moria. Jenes überfüllte und chaotische Camp, das zum Sinnbild wurde für die Unfähigkeit des Westens, mit der Migrantenkrise umzugehen. Moria brannte 2020 nieder. An diesem Sonntag nun kommt Franziskus in ein Lager, in dem keine zerfetzten Baracken mehr stehen, sondern weiße Container. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat sie als Behausung aufgestellt.

„Epoche der Mauern und des Stacheldrahts“

„Wir leben in einer Epoche der Mauern und des Stacheldrahts“, sagte er. Franziskus hatte die Migration zum zentralen Thema seiner Pilgerreise ins östliche Mittelmeer mit Stationen in Zypern und Griechenland gemacht. Er will den Flüchtlingen zeigen, dass sie nicht allein sind. Seit Jahren setzt sich Franziskus für Migrantinnen und Migranten ein, ein roter Faden in seinem Pontifikat.

Am Ende seines Besuchs auf Lesbos stieg Franziskus noch einmal aus dem Auto aus, um mit Menschen zu plaudern. „Wenn wir neu anfangen wollen, sollten wir vor allem in die Gesichter der Kinder schauen“, sagt der Papst. „Lasst uns den Mut finden, uns vor ihnen, die unschuldig sind und die Zukunft bedeuten, zu schämen.“

Zusammenarbeit mit Orthodoxie ausbauen

Nach dem Vormittag auf Lesbos kehrte er nach Athen zurück. Dort hielt er in dem Konzerthaus Megaron vor etwa 2.000 Gläubigen eine Messe ab. Am Abend war noch ein Treffen mit Hieronymos II, dem orthodoxen Erzbischof von Athen und Griechenland, geplant.

Die beiden Kirchenoberhäupter hatten sich schon am Samstag gesehen. Dabei lobte Hieronymos den Papst für dessen Engagement in Flüchtlingsfragen und im Klimaschutz. Franziskus wiederum betonte seinen Willen, künftig noch enger mit den Orthodoxen zusammen arbeiten zu wollen. Zugleich bat er um Vergebung für die Verbrechen der Katholiken an den Orthodoxen in der Vergangenheit.

In der Ostkirche ist dabei das Vorgehen der Kreuzritter gegen das byzantinische Reich im vierten Kreuzzug 1204 zentral. Papst Johannes Paul II. hatte 2001 bei seinem Besuch in Athen erstmals dafür um Entschuldigung gebeten. Franziskus erneuerte diese Bitte. Am Montagvormittag fliegt der Papst zurück nach Rom.