Geburtstag

Franziskus 85: Ein bewegtes Jahr für den Papst

Am Freitag feiert Papst Franziskus seinen 85. Geburtstag. Der als Jorge Mario Bergoglio im argentinischen Buenos Aires geborene Papst blickt auf ein bewegtes Jahr 2021 zurück: die Missbrauchskrise, Reisen, die Pandemie – und eine Operation, die durchaus tödlich hätte enden können.

Die weltweite Coronavirus-Pandemie hielt auch den Vatikan in Atem. Es gab zahlreiche Fälle, auch im direkten Umfeld des Papstes. Im Jänner ließ er sich selbst impfen, im Lauf des Jahres rief er mehrmals zum Impfen als „Akt der Liebe“ auf und übte Kritik an Impfgegnern.

Im März brach Franziskus zu einer viertägigen Friedensreise in den Irak auf. Eine geplante Darmoperation im Juli verlief schwerer als gedacht. „Ein Krankenpfleger hat mir das Leben gerettet“, berichtete der Papst später. Bei der dreistündigen Prozedur wurde ihm ein Teil des Dickdarms entfernt. Abschließende Untersuchungen ergaben Besorgniserregendes: Ein Abschnitt war bereits nekrotisch (abgestorben). Eine von etlichen Experten vorgeschlagene konservativ-medikamentöse Behandlung hätte demnach tödlich enden können.

Papst Franziskus in der Gemelli-Klink in Rom nach seiner Darmoperation im Juli 2021
Reuters/Vatican Media
Kein ganz so harmloser Eingriff: Papst Franziskus nach der Darmoperation in der Gemelli-Klink in Rom

Franziskus hörte auf den Rat jener, die ihm zu einem unverzüglichen Eingriff rieten, darunter und mit dabei im OP-Saal war sein neuer Leibarzt Roberto Bernabei (69). Der italienische „Promi-Arzt“ ist seit Februar für die Gesundheit des Papstes zuständig. Die Neubesetzung war notwendig, weil Vorgänger Fabrizio Soccorsi (78) zu Jahresbeginn an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben war.

Agil und angriffslustig

Inzwischen wirkt der Papst wieder ganz erholt. Bei der Reise nach Budapest und in die Slowakei Mitte September zeigte sich der 84-Jährige agil und angriffslustig. „Ich lebe noch, auch wenn einige Leute wollten, dass ich sterbe“, sagte er bei einer Plauderrunde mit Mitgliedern des Jesuitenordens. Wer vor dem Hintergrund der Darm-OP bereits seine Nachfolge geplant habe, den müsse er enttäuschen. Er machte Andeutungen über Menschen, die bereits ein neues Konzil geplant hätten – nach seinem Ableben oder Rücktritt.

Im Juli schränkte Franziskus die Feier der sogenannten Alten Messe ein. Der von Benedikt XVI. 2007 in größerem Umfang erlaubte außerordentliche Ritus darf nur noch unter engen Auflagen gefeiert werden. Die Ankündigung sorgt für einen Aufschrei in konservativen Kirchenkreisen.

Bahnarbeiter und Chemiker

Jorge Mario Bergoglio wurde am 17. Dezember 1936 in Buenos Aires geboren. Sein Vater war aus Italien eingewandert und arbeitete bei der Bahn. Nach einem Abschluss als Chemietechniker trat Bergoglio 1958 mit 22 Jahren in den Jesuitenorden ein. 1963 schloss er ein Philosophiestudium am Kolleg San Jose in San Miguel ab, am 13. Dezember 1969 wurde der heutige Papst Franziskus zum Priester geweiht. 1967 bis 1970 studierte er Theologie.

Der kleine Jorge Mario Bergoglio mit seinem Bruder Oscar Bergoglio
APA/FP PHOTO/Bergoglio family
Der kleine Jorge Mario Bergoglio mit seinem Bruder Oscar (undatiertes Privatfoto)

Mit erst 36 Jahren stieg er 1973 zum Provinzial der Jesuiten und damit führenden Kopf des Ordens in Argentinien auf. 1980 bis 1986 arbeitete er als Rektor des Kollegs San Jose und Pfarrer von San Miguel. In der Vergangenheit waren Vorwürfe laut geworden, Bergoglio habe sich während der Militärdiktatur 1976 bis 1983 zu wenig für politisch Verfolgte eingesetzt – Vorwürfe, die er stets zurückwies.

Von Vorwürfen entlastet

Einige neuere Publikationen legen hingegen nahe, er habe vielen das Leben gerettet. Der damals gefolterte Jesuit Franz Jalics hatte ihn zunächst beschuldigt, für seine damalige Verhaftung mitverantwortlich gewesen zu sein. Später zog Jalics die Behauptung zurück und entlastete den heutigen Papst völlig. Er sei selbst getäuscht worden und Fehlinformationen aufgesessen – mehr dazu in Theologe und Jesuit Jalics gestorben.

1985 verbrachte Bergoglio einige Monate in Deutschland, um seine Dissertation fertigzustellen. Am 27. Juni 1992 empfing er die Bischofsweihe, 1998 wurde der zum Erzbischof von Buenos Aires ernannt, 2001 zum Kardinal geweiht. Beim Konklave am 19. April 2005 soll der Argentinier hinter dem späteren Papst Benedikt XVI. die zweitmeisten Stimmen geholt haben. Am 13. März 2013 wurde Jorge Bergoglio im Alter von 76 Jahren zum Nachfolger des sensationell zurückgetretenen Benedikt XVI. gewählt.

Jorge Mario Bergoglio nach seiner Wahl zum Papst auf dem Balkon der St.-Peterskirche in Rom
APA/AFP/Vincenzo Pinto
Franziskus führte einen von Bescheidenheit geprägten Stil im Vatikan ein

Unkonventionell und bescheiden

Seit seiner Wahl führte er im Vatikan einen von Bescheidenheit geprägten und teils unkonventionellen Leitungsstil ein. Viel gelobt wurde seine Tagesreise zur italienischen Insel Lampedusa im Juli 2013 – seine erste Reise als Papst überhaupt führte ihn zu Flüchtlingen. Im selben Jahr schrieb er seine Enzyklika „Evangelii gaudium“ und erntete dafür viel Lob, aber auch Kritik wegen angeblich pauschalen Verdammung des kapitalistischen Wirtschaftssystems.

Im Oktober 2014 hielt die katholische Kirche eine Weltbischofssynode über Ehe und Familie ab. Ein zentraler Punkt der Beratungen war die Seelsorge für wiederverheiratete Geschiedene – ein Thema, zu dem Franziskus sich wiederholt milde zeigte. Im Jänner 2015 feierte der Papst auf den Philippinen mit nach offiziellen Angaben sechs bis sieben Millionen Menschen eine Messe – der größte katholische Gottesdienst aller Zeiten. Eine Bemerkung des Papstes über Katholikinnen und Katholiken, die sich nicht „wie Karnickel“ vermehren sollten, sorgte für Aufsehen.

Einflussreich: Lehrschreiben „Laudato si“

In der im selben Jahr veröffentlichten Enzyklika „Laudato si“ mahnte er einen besseren Umgang mit der Umwelt und den Menschen ein. Das Schreiben gilt als überaus einflussreich auch in Kreisen, für die Umweltpolitik davor noch kein dringendes Thema war. Im Februar 2016 traf Franziskus auf Kuba den Moskauer Patriarchen Kyrill I. – die historisch erste Begegnung überhaupt zwischen den Oberhäuptern der römisch-katholischen Kirche und der russischen Orthodoxie.

Das im April veröffentlichte Abschlusspapier zur Familiensynode, „Amoris laetitia“, löste eine lebhafte Debatte über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen aus. Sie gipfelte im November in einem Brief von vier Kardinälen, die Zweifel („dubia“) äußerten und vom Papst eine Klarstellung verlangen.

Missbrauchsskandal in Chile

Der Besuch in Chile im Jänner 2018 wurde vom dortigen Missbrauchsskandal überschattet. Später räumte Franziskus „schwere Fehler“ bei der Bewertung der Lage ein. Im August desselben Jahres schrieb Franziskus einen Brief zum Missbrauchsskandal an die Bischöfe der Weltkirche. Für Februar 2019 berief er einen Krisengipfel der nationalen Bischofskonferenzen weltweit sowie mit Ordensoberen ein.

Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten besucht Franziskus im Oktober 2018 als erster Papst die Arabische Halbinsel. In Abu Dhabi nahm er an einer internationalen interreligiösen Begegnung teil und feierte einen öffentlichen Gottesdienst. Mit dem Scheich der Kairoer Al-Ashar-Universität unterzeichnete er eine gemeinsame Erklärung.

Der mit hohen Erwartungen befrachtete Antimissbrauchsgipfel brachte nach Meinung von Kritikerinnen und Kritikern wenig Konkretes. Experten verwiesen immerhin darauf, dass nun ein weltweites Bewusstsein unter den Bischöfen hergestellt sei.

Papst Franziskus allein auf dem Petersplatz, Ostern 2020
APA/AFP/Vincenzo PINTO
Einsame Ostern: Auch den Vatikan traf die Pandemie

Die Klimakrise und das Virus

Die mit Spannung erwartete Amazonas-Synode im Oktober 2019 brachte Warnungen vor der Zerstörung von Menschenrechten und Umwelt; eine zuvor kolportierte Aufweichung des Pflichtzölibats für Priester allerdings nicht.

2020 erfasste die weltweite Coronavirus-Pandemie auch die gesamte katholische Weltkirche und den Vatikan. Franziskus musste Ostern – auch 2021 – auf dem menschenleeren Petersplatz und im menschenleeren Petersdom feiern; die Bilder gingen um die Welt. Im Oktober veröffentlichte Franziskus die Enzyklika „Fratelli tutti“, die Visionen für eine Menschheit entwirft, die gestärkt aus der Coronavirus-Krise hervorgehen könnte.