Familie beim Wandern
ORF.at/Christian Öser
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Kinder

Diakonie: Familienbeihilfe valorisieren

Eine Anpassung von Leistungen wie der Familienbeihilfe und der Hilfen zum Schulstart fordert die evangelische Diakonie als Reaktion auf eine neue Kinderkostenstudie.

Das erste Mal seit fast 60 Jahren hat die Statistik im Auftrag des Sozialministeriums aufgeschlüsselt, welche Ausgaben für Familien mit Kindern einhergehen. Zugleich ließ das Ministerium durch das WIFO berechnen, wie viel durch staatliche Familienleistungen abgedeckt wird. Demzufolge kostet ein Kind einen Haushalt mit zwei Erwachsenen in Österreich pro Monat im Schnitt 494 Euro, in einem Ein-Erwachsenen-Haushalt sind es 900 Euro.

Die staatlichen Familienleistungen decken das jedoch nur zum Teil ab. „All diese universellen Leistungen für alle, die besonders auch Kindern aus dem ärmsten Einkommensdrittel zugutekommen, müssen endlich der Teuerung angepasst werden“, verlangte Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich, in einer Aussendung am Freitag.

Geringere Richtsätze für Erwachsene mit Kindern und Kürzungen des Lebensunterhalts brächten viele Familien mit Kindern in Not. Der Abzug der Wohnbeihilfe führe zu großen Problemen, so die Diakone. „Frauen, Männer und Kinder haben zu wenig zum Wohnen, zu wenig zum Leben.“ Deshalb müssten die Schritte „in Richtung Kindergrundsicherung gehen“, so Moser. „Deutschland hat sich eine solche gerade vorgenommen“, in Österreich gebe es Modellvorschläge dazu. „Daran können wir anknüpfen.“

Moser erinnert an Kürzungen

„Gleichzeitig dürfen wir jetzt die über 70.000 Kinder in der neu eingeführten, gekürzten Sozialhilfe nicht vergessen“, mahnte Moser. Die negativen Auswirkungen der Sozialhilfe auf Kinder, Familien, Frauen in Not und Gesundheit seien massiv. Die neue Sozialhilfe sei nicht krisenfest. „Es braucht eine gute Mindestsicherung statt einer schlechten Sozialhilfe“, sagte Moser und forderte eine rasche Reform.

Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser
APA/Hans Punz
Diakonie-Direktorin Moser: „Gute Mindestsicherung statt schlechter Sozialhilfe“

Auch der steuerliche Familienbonus erfülle viele Ziele nicht, die für das gute Aufwachsen von Kindern wichtig wären, betonte der stellvertretende Diakonie-Direktor und Sprecher der Armutskonferenz, Martin Schenk, im Ö1-Morgenjournal. Vielmehr müsse er „allen die Existenz sichern, allen Kindern soziale Teilhabe ermöglichen“, so der Armutsexperte, der eine Umgestaltung dieser Familienleistung forderte.

Caritas lobt „wichtigen Schritt gegen Kinderarmut“

Als entscheidenden Schritt im Kampf gegen die Kinderarmut in Österreich bezeichnete die Caritas die neue Kinderkostenstudie der Statistik Austria. Die letzte Kinderkostenstudie stammte aus dem Jahr 1964. Seither wurden die Kosten nur jährlich valorisiert, was die tatsächlichen Mehrkosten für Kinder allerdings nicht abdeckt. Die Neuberechnung von Kinderkosten zeige, wie dramatisch die „klaffende Lücke zwischen Kinderkosten und Familienleistungen“ ist, und sei ein „dringender Handlungsauftrag“, so Caritas-Generalsekretärin Anna Parr in einer Aussendung am Freitag.

Die Caritas habe in der Vergangenheit immer wieder auf die Wichtigkeit valider Antworten auf die Frage „Was kostet ein Kind?“ hingewiesen. Das wäre ein „wesentlicher Faktor“ bei der Berechnung von Familienleistungen wie der Familienbeihilfe, von Richtsätzen für Kinder in der Mindestsicherung und auch Unterhaltszahlungen. „Die hohe Zahl armutsgefährdeter Kinder in Österreich ließ uns schon bisher annehmen, dass die realen Kosten, die für Kinder anfallen, viel höher sind als die bisher als Grundlage herangezogenen Zahlen“, so Parr. Das würde nun durch die Studie endlich „schwarz auf weiß“ belegt.

Bis zu 1.000 Euro Lücke

Das Ausmaß der klaffenden Lücke zwischen Kinderkosten und Familienleistungen, die diese Kosten eigentlich abdecken sollten, sei „dramatisch hoch“ und erreiche je nach Alter des Kindes bis zu 1.000 Euro monatlich. „Insbesondere Alleinerziehende und Familien mit niedrigen Einkommen schaffen es nicht, diese Lücke jeden Monat aus eigener Kraft zu schließen. Leidtragende sind die Kinder“, so Parr.

Caritas-Österreich-Generalsekretärin Anna Parr
Caritas/Ingo Petramer
Caritas-Generalsekretärin Parr sieht eine „klaffende Lücke zwischen Kinderkosten und Familienleistungen“

Die neuen Zahlen seien ein bedeutender Grundstein im Kampf gegen Kinderarmut, so Parr. Nicht zuletzt aufgrund der hohen Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen in Österreich habe die Caritas in der Vergangenheit wiederholt eine Überprüfung der Familien- und Sozialleistungen auf ihre Armutsfestigkeit und ihre verteilende Wirkung hin gefordert. Jetzt müsse man, „basierend auf der neuen Kinderkostenstudie, rasch nachjustieren“.

Anpassungen des Familienbonus, der Mindestsicherung oder „Sozialhilfe neu“ wären nun im Kampf gegen die Kinderarmut dringend gefordert, so Parr. Der Familienbonus sei kein probates Mittel gegen Kinderarmut, da er vornehmlich Besserverdiener via Steuererleichterungen entlaste. Dringend notwendig seien auch österreichweit einheitliche bedarfsgerechte Kinderrichtsätze bei der Mindestsicherung oder der „Sozialhilfe neu“ sowie ein Rechtsanspruch auf den Alleinerzieherbonus und eine Ausweitung auf Alleinerziehende, die volljährige Kinder unterstützen müssen, betonte Parr, denn, „jedes Kind ist gleich viel wert“.

Kinderarmut beenden

„Auf der nun vorliegenden Datenbasis ist es jetzt Zeit, ins Handeln zu kommen und das klare Ziel der Abschaffung von Kinderarmut nicht aus den Augen zu verlieren“, sagte Parr. Mit einer Kindergrundsicherung könnte ein Leben ohne Armut für jedes Kind und somit eine dauerhafte Lösung für armutsgefährdete Familien und insbesondere Alleinerziehende sichergestellt werden. Essenziell seien außerdem umfassende Maßnahmen im Bildungs- und Gesundheitsbereich sowie Angebote, mit denen allen Kindern soziale Teilhabe garantiert werden.

Da sich Armut auf alle Lebensbereiche von Kindern auswirke, appelliert die Caritas, dass die Ergebnisse der Kinderkostenstudie mögen nun zu raschen Anpassungen führen. Die eigene Expertise stelle man dabei gerne zur Verfügung.