Anlass für die Anweisung der Behörden ist der diesjährige 75. Jahrestag der Unabhängigkeit Indiens, wie das Kölner Domradio mit Verweis auf die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) vergangene Woche berichtete. „Andere Religionen anzuweisen, ein Ritual einer speziellen Religion zu praktizieren, ist in einem Land, das sich als säkular versteht, nicht akzeptabel“, sagte Maria Charles, Sekretär der katholischen Bischofskommission für Bildung und Kultur, dem asiatischen Pressedienst Ucanews.
Kritik kam auch von islamischer Seite: Ein Sprecher der muslimischen Minderheit erklärte, dass der Islam seinen Anhängerinnen und Anhängern die Ausübung von Ritualen anderer Religionen verbiete.
Sonnengruß und Nationalfahne
Seit dem 1. Jänner sind Schulen in Indien aufgefordert bis zum 7. Februar jeden Tag in der Früh vor der Nationalfahne den „Sonnengruß“ zu praktizieren. Yoga ist eine uralte aus Indien stammende Philosophie, die physische und geistige Übungen umfasst. Der Name stammt aus dem Sanskrit und bedeutet „Zusammenbringen“ oder „Vereinen“. Schätzungen zufolge praktizieren heute bis zu 300 Millionen weltweit regelmäßig Yoga. Im Westen stehen dabei oft die physischen Übungen im Vordergrund.
Yoga als Politikum
In Indien wird Yoga von der hindunationalistischen Regierung von Premierminister Narendra Modi aber stark politisch instrumentalisiert und genutzt, um Hinduismus und Nationalismus zu propagieren. Modi hat etwa einen eigenen YouTube-Kanal „Yoga with Modi“, wo eine animierte Version seiner Yoga-Übungen gezeigt wird und eine Stimme aus dem Off Anweisungen gibt. Die Videos gibt es in verschiedenen Sprachen, auch auf Deutsch. In der Coronavirus-Krise pries er Yoga bereits als „Schutzschild“ gegen das Virus an. Modi setzte auch einen internationalen Tag des Yoga durch, der erstmals 2015 und seither jährlich am 21. Juni begangen wird.
Die „indische Volkspartei“ (BJP) von Modi setzt stark auf Nationalismus in Verbindung mit dem Hinduismus. Seit der Machtübernahme der BJP haben Diskriminierung und Gewalt gegen religiöse Minderheiten im mehrheitlich hinduistischen Indien stark zugenommen. Christen und Muslime beklagen immer wieder Druck und Einschränkung ihrer Religionsfreiheit.
Druck auf religiöse Minderheiten
Dass die Verfolgung etwa von Christinnen und Christen in Indien zugenommen hat, geht etwa aus einem im Vorjahr veröffentlichten Bericht der beiden Bürgerrechtsorganisationen „Association for the Protection of Civil Rights“ (APCR) und „United Against Hate and United Christian Forum“ (UCF) hervor. Diese gehe hauptsächlich von hindunationalistischen Gruppen aus, die der BJP von Ministerpräsident Modi nahestehen und deren Ziel die Errichtung einer Art hinduistischer Gottesstaat ist, in dem andere religiöse Gruppen keinen Platz haben.
Kritik an dem Umgang der Regierung Modis mit religiösen Minderheiten gibt es immer wieder. Vor einigen Jahren wurde die Regierung etwa wegen eines Gesetzes kritisiert, das illegal eingereisten Migrantinnen und Migranten aus den drei mehrheitlich muslimischen Nachbarländern Bangladesch, Pakistan und Afghanistan die Einbürgerung erleichtert, sofern sie keine Muslime sind. Auch der Umgang mit der von Mutter Teresa gegründeten Hilfsorganisation „Missionaries of Charity“ (Missionarinnen der Nächstenliebe) wurde zuletzt als Zeichen von Repression gegen Christen gewertet – mehr dazu in Indien erhöht Druck auf Mutter-Teresa-Hilfswerk.