Deutschland

Kardinal Schönborn zu Missbrauchsgutachten

Kardinal Christoph Schönborn hat sich erstmals zu den schweren Missbrauchsvorwürfen in der deutschen Kirche geäußert. „Ich glaube, sagen zu können: Es wird nicht mehr vertuscht werden, es darf nicht mehr vertuscht werden“, sagte er gegenüber dem ORF. Ein Gutachten für das Erzbistum München und Freising hatte für Entsetzen gesorgt.

Das von Münchner Rechtsanwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) am 20. Jänner veröffentlichte Gutachten wirft mehreren kirchlichen Amtsträgern Fehler und Versäumnisse im Umgang mit Missbrauchsfällen vor. Untersucht wurde der Zeitraum von 1945 bis 2019. Schönborns erste Reaktion in der ZIB2 am Donnerstag war zurückhaltend. „Ich glaube, das was jetzt notwendig ist, ist die Umsetzung in die Praxis. Das ist ein Rechtsgutachten, das ist keine Handlungsanweisung.“

Im Ö1-Frühjournal am Freitag nahm Schönborn auch kurz zu den Vorwürfen gegen den emeritierten Papst Benedikt XVI. Stellung. Als Präfekt der Glaubenskongregation habe sich Kardinal Joseph Ratzinger sehr für die Missbrauchsaufklärung eingesetzt. Auch im Fall von Kardinal Hans Hermann Groer. „Im Fall meines Vorgängers war Kardinal Ratzinger in Rom unsere Stütze. Er hat verlangt, dass hier gehandelt wird“, so Schönborn.

Schönborn zu Missbrauch in der Kirche

Die deutsche katholische Kirche erlebt zur Zeit schwere Turbulenzen. Vier Tage nach der Veröffentlichung eines Missbrauchsgutachtens, das den emeritierten Papst Josef Ratzinger, schwer belastet, nimmt Kardinal Schönborn dazu Stellung.

Fehler und Versäumnisse vorgeworfen

Schönborn meldete sich zu Wort, nachdem am Donnerstagvormittag der Auftraggeber des Gutachtens, der Münchner Erzbischof Reinhard Marx, erstmals öffentlich dazu und zu den Vorwürfen gegen ihn selbst Stellung genommen hatte.

Programmhinweis:
„Orientierung“
Sonntag, 30.1., 12.30 Uhr, ORF 2

Aufsehen erregte das Gutachten vor allem wegen der Vorwürfe der Gutachter gegen Benedikt XVI., der von 1977 bis 1982 Erzbischof von München gewesen war. Insbesondere ging es dabei um die Frage, ob Ratzinger 1980 in die Entscheidung um die Einsetzung des aus der Diözese Essen stammenden Missbrauchstäters Peter H. in der Seelsorge direkt involviert war.

Während Benedikt in einer den Gutachtern abgegebenen Stellungnahme behauptete, er sei bei einer entscheidenden Sitzung nicht dabei gewesen, wies die Kanzlei durch Vorlage des Sitzungsprotokolls nach, dass der Erzbischof sehr wohl anwesend gewesen war. Der 94-jährige Benedikt, der seit seinem Amtsverzicht 2013 zurückgezogen im Vatikan lebt, korrigierte daraufhin im Nachhinein seine Aussage und kündigte an, nochmals zum Gutachten eine Stellungnahme abgeben zu wollen.

Kardinal Marx entschuldigte sich

Als Erzbischof der Erzdiözese trage er die Verantwortung. Marx entschuldigte sich in einer Pressekonferenz in München bei den Missbrauchsopfern und bei allen Gläubigen. „Wir sehen ein Desaster“, fasste der Kardinal von München-Freising, Reinhard Marx, das Missbrauchsgutachten am Donnerstag zusammen. Er will trotz des Missbrauchsskandals im Amt bleiben und an einer Erneuerung der römisch-katholischen Kirche arbeiten. „Wer jetzt noch systemische Ursachen leugnet und einer notwendigen Reform der Kirche in Haltungen und Strukturen entgegentritt, hat die Herausforderung nicht verstanden.“

Missbrauch: Kardinal Marx entschuldigt sich

Nach Veröffentlichung des Gutachtens zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum München und Freising hat der deutsche Kardinal Reinhard Marx dazu ausführlich Stellung genommen. Der Erzbischof entschuldigte sich in einer Pressekonferenz in München bei den Missbrauchsopfern und bei allen Gläubigen. Seinen Rücktritt bot er nicht erneut an. Ein Gutachten hatte Marx Fehlverhalten beim Umgang mit Missbrauchsfällen vorgeworfen.