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Theologinnen: „#OutInChurch“ „Schreckmoment“ für Kirche

Als einen heilsamen „Schreckmoment“ für die katholische Kirche haben die Theologinnen Gunda Werner und Andrea Lehner-Hartmann die Initiative „#OutInChurch“ bezeichnet. Die Initiative, die mit dem Outing von „queeren“ Kirchen-Mitarbeitenden in Deutschland einherging, rüttle u.a. an einem kirchlich gepflegten Menschenbild.

Dieses Bild geht von einer schlichten binären Logik aus und stellt so etwas wie die „DNA der Macht“ dar, so die Grazer Theologin Werner in der aktuellen Folge des Theologie-Podcasts „Diesseits von Eden“. „Wenn man an dieser theologischen Anthropologie rüttelt, dann fällt alles zusammen. Und ich kann total nachvollziehen, dass darin wirklich ein Schreckmoment liegt, aber auch eine Möglichkeit zur Veränderung.“

Neue Perspektiven durch Outings

Ähnlich sieht das auch die Wiener Religionspädagogin Andrea Lehner-Hartmann: „Durch diese Outings können neue Perspektiven eingespielt werden, die es ermöglichen, das Andere besser erkennen zu können.“ Und sie verweist auch auf einen Konnex zur aktuellen Debatte über sexualisierte Gewalt in der Kirche: "Die Verschleierungsstrategien haben versucht, genau das zu verhindern und Dinge entschuldigt.

Nun gibt es für mich eine große Chance, etwas aufzugreifen und nicht abzuwehren, sondern zu sagen ‚Leute, hier ist uns etwas zerbrochen, was wir jetzt jahrhundertelang auch oft nicht in der Fülle gesehen haben. Lasst uns doch die Chance ergreifen‘."

Mehr als nur eine Frage des Arbeitsrechtes

Beide Theologinnen zeigten sich einig darin, dass die Debatte und auch die Forderungen der queeren Mitarbeitenden, die inzwischen in Form einer Online-Petition von über 110.000 Menschen unterstützt wird, sich nicht darin erschöpften, Veränderungen im kirchlichen Arbeitsrecht durchzusetzen.

Vielmehr gehe es darum, durch eine kirchliche wie theologische Anerkennung der Vielfalt an Lebens- und Liebesentwürfen auch eine „Wahrhaftigkeit“ als Kirche zurückzuerlangen, die aktuell verloren gegangen sei, so Werner. „Wirklich wütend“ mache sie allerdings, dass jede kritische Perspektive kirchlicherseits gleich als „Gender-Ideologie“ gebrandmarkt werde und Macht so zusätzlich zementiert werde.

Eine kirchliche „Selbstaufklärung“ sei immer noch ausständig, etwa im Blick auf die Kinder- und Jugendkatechese: Wenn beispielsweise bei der Kinderbeichte erwartet werde, dass diese „über Keuschheit und Unkeuschheit Auskunft geben“, dann sei das eine unzulässige Form der „Sexualisierung von Kindern“, so Werner. Und Lehner-Hartmann ergänzt: „Was man dabei oft vergisst oder was verloren geht, ist der Blick auf den Menschen.“ Schließlich würde sich durch solche Praktiken etwas in den Menschen „einschreiben“, das letztlich „auch die ganze christliche Botschaft entzaubert“, zeigte sich die Religionspädagogin überzeugt.

Debatte in Österreich noch am Anfang

Gefragt nach der Situation in Österreich, räumten die Theologinnen ein, dass hier die Debatte noch am Anfang stehe. Es brauche nicht notwendigerweise Outings in Österreich, sondern eine Diskussion des Themas und Anliegens – und da wäre der aktuelle Synodale Prozess ein guter Anlass, um daran anzuknüpfen, regte Lehner-Hartmann an.

Werner wünschte sich in der Sache indes mehr Solidarität und Unterstützung durch die katholischen Fakultäten in Österreich: „Das wäre auch ein Signal im Blick auf die Bischöfe und die Bischofskonferenz.“ Werner ist u.a. Mit-Herausgeberin des die Initiative begleitenden, vom Herder-Verlag angekündigten Buches „Out in Church. Für eine Kirche ohne Angst“.

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